Ein gewisser Herr Mayertun & lassen

Die Gruppe «Heimat ohne Hass» ist vor allem im Internet aktiv

Die FPÖ ohne rechten Rand – das geht fast nicht. Wenn man von der FPÖ den rechten Rand trennt, was bleibt dann noch? Nicht mehr viel. Auch wenn in einem internen Machtkampf vor der EU-Wahl der FPÖ-Spitzenkandidat Andreas Mölzer zurücktreten musste, besetzen viele Burschenschaftler, Rechtsextremisten und Menschen voller Hass Spitzenpositionen bei der FPÖ. Eine FPÖ ohne rechten Rand und ohne Hass ist nicht denkbar.Gerade im Internet leben sich die FPÖ-Anhänger und -Funktionäre aus. Doch eine Gruppe politischer Aktivisten geht dagegen vor. Ihre Mitarbeiter stemmen sich gegen die alltäglichen Diffamierungen, Lügen und Halbwahrheiten, die schon zum Alltag gehören. Sie haben sich in der Gruppe «Heimat ohne Hass» (http://www.heimatohnehass.at/) zusammengetan. Auch sie sind vor allem im Internet aktiv. «Heimat ohne Hass» hat gerade zwei Volltreffer gelandet: die Abschaltung des bekannten Blogs «SOS Österreich» bzw. «SOS Heimat» und die Enttarnung der hetzerischen Facebook-Gruppe «Wir stehen zur FPÖ!», der zahlreiche Straftaten zugerechnet werden. Manfred Walter stand dem Augustin Rede und Antwort.

Ihr habt die Betreiber von SOS Österreich enttarnt, bei denen lange unklar war, wer sie sind. Wie ist euch dieser Scoop gelungen?

Wie immer, mit sogenannten Fake-Accounts, die mit rechtem Background ausgestattet werden. Und natürlich mit viel Geduld. Die Administratoren von SOS Österreich waren ein wenig vorsichtiger als viele andere rechte Gruppen, die manchmal sehr redselig sind und gerne mit ihren Ruhmestaten prahlen.

Wie habt ihr das gemacht? Alleine der Zeitaufwand und die technischen Ressourcen müssen immens gewesen sein.

Die technischen Ressourcen sind minimal, es genügt ein handelsüblicher PC, ohne spezielle Software. Der Zeitaufwand ist enorm, aber glücklicherweise können wir auf die Mithilfe von fast 70 Aktivist_innen im gesamten Bundesgebiet zählen.

Was wird mit SOS Österreich und den anderen von euren Recherchen betroffenen Seiten geschehen?

Einige, wie eben SOS Österreich, gehen von sich aus offline, andere werden vorsichtiger in Ausdruck und Agitation. Aber immer erst, wenn die Hetze von uns bereits öffentlich gemacht wurde. Dann ist es allerdings zu spät, weil wir zeitgleich mit größeren Veröffentlichungen auch immer eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermitteln.

Haben die Betreiber dieser Seiten rechtliche Konsequenzen zu befürchten?

Es kommt auf die Staatsanwaltschaft an, ob sie die Sachverhalte für verfolgenswert hält. Nach Meinung unserer juristischen Berater_innen werden die Tatbestände «Verhetzung» und «Wiederbetätigung» oft erfüllt. Aber wir sind nicht die Richter_innen und wollen das auch nicht sein. Österreich ist ein im Großen und Ganzen funktionierender Rechtsstaat, auf den vertrauen wir auch.

Wie nehmen die Justiz und die Polizei eure Recherchen auf? Ist das nicht deren Arbeit?

Naja, wir hatten schon Beschwerden, dass unsere Sachverhaltsdarstellungen zu konkret formuliert sind und kein Ermittlungsspielraum bleibt, aber das ist auch ganz unser Ansinnen. Es wäre eigentlich die Arbeit der Polizei und vor allem des Bundesamtes und Landesamtes für Verfassungsschutz, aber wer um die Personalsituation der Exekutive Bescheid weiß, der kann sich vorstellen, dass das nicht so einfach ist. Zudem sind viele Exekutivbeamte selbst FPÖ-Sympathisanten und wahrscheinlich nicht motiviert, in diese Richtung zu ermitteln. Irgendwie ist das sehr widersinnig, weil ja der Sparkurs von Schwarz-Blau die Exekutive so ausgehöhlt hat. Mit der Hypo Alpe Adria ist es dasselbe, die FPÖ verursacht etwas und profitiert noch davon.

Wenn eine Seite geschlossen wird, gibt es dann nicht gleich wieder eine neue?

Die meisten Seiten werden von den Administratoren selbst geschlossen. Ohne Zutun von Facebook oder von uns. Meistens werden die geschlossenen Seiten nicht wieder reaktiviert, sondern es wird eine ähnliche Seite neu gestartet. Spannend am FPÖ-Umfeld ist, dass sie wegen jedem Pups eine Seite oder Gruppe aufmachen. Was wir ab und zu machen, ist, eine Seite zu hijacken. Das heißt, dass einer unserer Fake Accounts zum Admin ernannt wird und wir dann die Seite übernehmen und schließen. Aber das funktioniert eher selten.

Wer oder was ist «Heimat ohne Hass»?

Wir sind ein loser Zusammenschluss von circa 70 Aktivist_innen aus ganz Österreich, denen die Hetze und der Rassismus der FPÖ ein Dorn im Auge ist.

Wie kam es zur Gründung?

Alle Aktivist_innen haben sich zumindest virtuell schon gekannt und die eine oder andere Initiative gegen den Rassismus und die Hetze der FPÖ auf Facebook gestartet, nur dass halt jeder sein eigenes Süppchen gekocht hat. Dann kam vor circa einem Jahr ein gewisser Lukas Mayer – das ist ein Tarnname – und hat ein Konzept präsentiert, wie man wirklich zielorientiert arbeiten kann. Dieses Konzept hat uns anfangs total überfordert, aber heute können wir es uns gar nicht mehr anders vorstellen.

Welche Leute arbeiten bei «Heimat ohne Hass» mit?

Wir sind, glaube ich, ein ganz gutes Abbild der österreichischen Gesellschaft. Wir haben von Neos-Sympathisanten bis zu Grün-Aktiven so ziemlich jede politische Coleur mit an Bord, außer FPÖ-nahe Menschen halt. Und auch aus verschiedensten sozialen Schichten: Selbständige, Arbeiter_innen, Student_innen, Angestellte. Die Motivation ist natürlich bei jedem und jeder eine andere, aber grundsätzlich gehen uns die Lügenpropaganda, der Rassismus, die Islamophobie und die Immerwiederbetätigung der FPÖ-nahen Menschen und auch der FPÖ-Funktionär_innen ganz gewaltig auf den Geist.

Erklärtes Ziel von «Heimat ohne Hass» ist, die «FPÖ vom rechten Rand» zu befreien. Solltet ihr jemals Erfolg haben: Was bleibt dann von der FPÖ?

Gute Frage, in ihrer jetzigen Verfassung nicht viel. Natürlich steht mir eine rechtsgerichtete Partei nicht nahe, aber solange sie sich innerhalb des Verfassungsbogens befindet, muss das eine Demokratie aushalten. Das trifft halt auf Teile der jetzigen FP nicht zu, alleine Mölzers Vergleich des Dritten Reichs mit der EU veranschaulicht das deutlich.

Wie schätzt ihr die Verbindung von FPÖ und Rechtsextremisten ein?

Es gibt sehr viele dokumentierte Verbindungen rechtsextremer Kreise mit der FPÖ, das fängt bei HC Strache an und nimmt irgendwie kein Ende. Linz ist ein spezielles Pflaster, wo sich die rechtsextreme Burschenschaft Arminia Czernowitz eine Gemeinderatsfraktion mit dem Namen FPÖ hält.

Viele Mechanismen und Techniken, die die FPÖ benutzt, sind eine Mischung aus NLP, Propagandasprache und «Sprache der Gewalt». Gibt es Möglichkeiten, dieser Sprachgewalt zu kontern?

Du hast bei deiner Aufzählung die dummdreisten Lügen der FPÖ vergessen, wie die vom Nikoloverbot, den Geldaufwendungen für Asylwerber_innen etc. Es geht eigentlich nur im Einzelgespräch, und da auch nur bei den Protestwähler_innen. Die eingeschworenen FPÖ-Anhänger sind absolut faktenresistent.

Bisher habt ihr anonym agiert, jetzt trittst du, Manfred, als Sprecher auf. Warum?

Als die erste News-Story im Köcher war, sind wir draufgekommen, dass wir jemanden brauchen, der den Medien als Ansprechpartner dient. Da ist die Wahl auf mich gefallen. Die Anonymität der meistern unserer Aktivist_innen ergibt sich aus der Gewaltbereitschaft der extrem rechten Szene. Viele von uns haben Familie und Kinder.

Was erhofft ihr euch für die Zukunft?

Dass die Menschen endlich merken, welchen braunen Verein sie da wählen, und dass die FPÖ viel ist, aber mit Sicherheit nicht die Partei des «kleinen Mannes». Von mir aus soll man das Team Stronach oder die Neos oder sonst wen wählen. Nur halt nicht diese rassistische Partei.

http://www.heimatohnehass.at/