Ein Glückssymbol am MorzinplatzDichter Innenteil

Die Abenteuer des Herrn Hüseyin (36)

Nach langer Zeit ist es dem Hüseyin gelungen, sich in Wien heimisch zu fühlen. Hüseyin möchte zu Mittag in das Lokal seines Freundes, um sich ein günstiges Mittagsmenü zu kaufen. Als er am Morzinplatz ankommt, fliegt ihm ein Insekt auf die Nase. Er ist erschrocken. Mit einer schnellen Handbewegung schmeißt er das kleine Tierchen auf den Boden – neben dem ehemaligen Hotel Metropol. Gegenüber dem Morzinplatz ist das große Raiffeisenbankgebäude.

Illu: Carla Müller

Auf der Mauer sind sehr viele Mohnblumen. Den am Boden auf dem Rücken liegenden Käfer schaut sich der Hüseyin an. Es ist ein Maikäfer, der auf seinen Panzer gefallen ist. Man sieht nur noch die winzigen Füße. In seiner Heimat ist es ein Glückssymbol. Herr Hüseyin wurde von einem Glückssymbol überrascht, aber er hatte es nicht gemerkt. Erst als das Insekt am Boden liegt, fällt es ihm auf. Hüseyin eilt schnell zu Hilfe. Er findet am Boden neben der Mauer ein rotes Blatt der Mohnblume und versucht, ohne ihn zu verletzen, aufs Blatt zu bekommen. Wie konnte er den Maikäfer übersehen, der ihm Glück bringen wollte? In so einer großen Stadt landet so ein Glücksbringer auf dem Hüseyin, und er wirft ihn weg. In Zeiten wie diesen braucht ein jeder ein Glück. Herr Hüseyin schafft es, den Maikäfer auf ein Mohnblumenblatt zu setzen, ohne dem Tier irgendein Organ zu brechen. Er ist erleichtert. Mit einem guten Gewissen geht er in sein Lokal, um sich das Mittagessen zu gönnen.

Vor einem Tag waren Gemeinderatswahlen in der Steiermark und im Burgenland. SPÖ und ÖVP haben herbe Niederlagen verpasst bekommen. Dass ausgerechnet eine rechte Partei in der Steiermark ihre Stimmen verdreifacht hat, ist für den Hüseyin in so einem demokratischen Land nicht vorstellbar. Woran es wohl hängt? Ist das ein Denkzettel für die Koalitionspartner SPÖ und ÖVP? Wobei die jetzige Regierung immer noch den Mist jener Partei, die jetzt ihre Stimmen verdreifacht hat, in Kärnten putzen muss. Einer der Koalitionspartner der jetzigen Regierung war auch damals in diese Miseren involviert. Die sind immer in der Regierung.

Herr Hüseyin ist auf die Wahlen in der Türkei sehr gespannt. Dort geht es nämlich darum, ob die kurdische Partei HDP die 10-Prozent-Hürde erreichen wird. In der Türkei muss man 10 Prozent landesweit erreicht haben, damit man als Partei im Parlament vertreten sein darf. Diese 10-Prozent-Hürde wurde nach dem Militärputsch 1980 eingeführt. Die jetzige Regierung hat bis heute, obwohl sie die Mehrheit hat, nichts geändert. Herr Hüseyin hofft, dass in diesem Wahljahr in seiner alten Heimat die Kurden diese 10-Prozent-Hürde schaffen. Für die neue Heimat Österreich wünscht er sich mehr Verstand und Bildung für das Kreuzel neben den Namen am Wahlzettel bei den Wiener Gemeinderatswahlen im Herbst.

Bald wird Herr Hüseyin sein Dorf besuchen!

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