Ein Haar in meiner SuppeDichter Innenteil

Gfrieds Tagebuch

22. 3.

Es ist ein Phänomen. Und zwar ein flüchtiges. Manchmal frage ich mich, wohin die zahlreichen Kopfhaare verschwinden, während ich des Katers Haare allüberall vorfinde.

Grafik: Carla Müller

Also, menschliche Haare unterliegen einem gewissen Fluchtreflex, den die Natur so vorgesehen hat. Des Katers Haare hingegen verlassen fluchtartig seinen Körper, wenn es warm wird und wenn es so wie in den verwichenen Jahren ständig subtropisch heiß ist, dann war ich schon oft am Überlegen, ob ich die vom Kater um sich geworfenen Fellteile nicht zu einem Pullover verarbeiten sollte. Katzenfell ist angeblich gut gegen Rheuma. Ich habe kein Rheuma und nur weil es vielleicht irgendwelche Leute lustig finden, jede im Moment moderne Krankheit unbedingt auch haben zu müssen, beteilige ich mich natürlich nicht an diesem Schwachsinn. Da ist übrigens ein Haar in meiner Suppe! Wo das wohl herkommt?

24. 3.

Ich muss dringend genauer auf die bei mir in den Gehörgängen eingehenden Gesprächsfetzen achten. Oder besser komplett auf Durchzug schalten. Denn sonst kann es durchaus passieren, dass ich vermeine, gehört zu haben, dass jemand in einem Elektrogeschäft nach einer Glühdirne fragt. Warum jetzt plötzlich Monty Python in meinem Kopf auftreten, gilt als offene Strafsache, denn statt dem «Ministry of silly walks» scheint mir in der vorliegenden Causa das «Ministry of silly talks» zuständig. Wenn ich so weitermache, werde ich am Ende noch bei einer Seniorenklappe abgegeben. Die gibt es zwar noch nicht, aber da ist aufgrund der zunehmenden Probleme mit der ständig älter werdenden Bevölkerung sicher schon etwas Entsprechendes in Planung seitens unserer Volkszertreter – oder -vertreter. Da bin ich mir nämlich nicht ganz sicher, wie das heißt. Denn wenn zum Beispiel ein Versicherungsvertreter Versicherungen verkauft, was macht dann ein Volksvertreter? Nächstes Mal höre ich genau hin …

26. 3.

Karwoche. Wer dieser Kar sein soll, wissen zwar viele Kinder nicht mehr, aber egal, Hauptsache Ferien. Ich für meinen Teil deponiere meine vier Buchstaben wieder einmal auf einer Bank in der Mariahilfer Straße. Gewissermaßen befinde ich mich auf einem analogen Lauschangriff. Es gibt immer wieder freundliche Wortspenden, gelegentlich hyperventiliert Mädchen A ob der von Mädchen B soeben unfallfrei erworbenen Kleidung, während diverse Kreditkarten zu verglühen drohen. Ein gemischtes Pärchen in den zweitbesten Jahren nimmt in meiner Hörweite Platz, was mich umgehend zu verschärftem Zuhören animiert, und tatsächlich bekomme ich spannende Informationen. Während ich die erhaltenen Wörter richtig zu sortieren versuche, wird mir klar, dass da etwas einfach nicht stimmen kann. Denn vermutlich befinden sich die beiden auf der Suche nach einem Geschenk zu einer Goldenen Hochzeit, und da ich in dem Zusammenhang auch Krieg und Frieden vernommen zu haben glaube, kommen in mir leise Zweifel auf. Nix wie weg!

29. 3.

«!§$%&/!» Musikexperte Mucki ist enthusiasmiert, denn er hat ein Lied von Suzi Quatro, geb. Stereo gehört. Dabei hat er auch erfahren, dass sein Untermieter schon uralt sein muss. Zumindest laut Radio Wien. Aber da besagter Untermieter regelmäßig seinem musikalischen Bildungsauftrag nachkommen möchte, lautet seine heutige Empfehlung, wie folgt: The Best of Herbie Hancock. Jetzt ist Mucki geradezu streichfähig, was auch den alten Mann sehr freut.

31. 3.

Ernährung bleibt niemandem erspart. Sofern es sich bei «niemandem» nicht um Leute handelt, die sich von Licht oder anderen seltsamen Einbildungen ernähren. Wie komme ich überhaupt auf dieses Thema?! Möglicherweise liegt es an meiner Vorliebe für Hülsenfrüchte, die ich gerne zu mir nehme, was aber auch bedeutet, dass ich mit den später aufgrund von Verdauung unweigerlich auftretenden Folgen leben muss. «Es gibt Gerüchte, dass Hülsenfrüchte – in Mengen genommen – nicht gut bekommen. Das macht ja nichts, ich finde das fein, – warum soll man nicht auch mal ein Blähboy sein.» Wusste schon Heinz Erhardt. Jetzt als Erstes Sauerstoffmaske und ein wenig Literatur und dann todesmutig Richtung nicht immer stilles Örtchen.

2. 4.

Ostermontag. Warum auch immer kreisen meine Gedanken rund um kindliche Frühförderung. Mir ist schon ganz schwindlig, dabei war ich gar nicht bei Gericht in letzter Zeit. Ich bin übrigens schwindelfrei, aber das tut hier nichts zur Sache, vielmehr sorge ich mich sehr um den hoffnungsvollen Nachwuchs, der strengstens bewacht von Helikoptermüttern nur mehr in voller Schutzausrüstung auf das Klettergerüst darf, während er «Chinesisch für Fünfjährige» lernt. Ob das nicht schon zu spät ist?! Wie nicht anders zu erwarten, jagt bei mir ein absurder Gedanke den anderen. Es ist ja fast so, als hätten sie nichts Besseres zu tun. Baby-Yoga existiert bereits. Sprachliche Frühförderung für 2-Jährige habe ich auch schon wo gelesen. Wie wäre es mit einem pränatalen Fötenballett? Hilfe, bin ich blöd!