Ein Haus macht auftun & lassen

Auch der Wal ist mittlerweile ausgepackt! Entworfen 1951 von Maria Benke, schmückte er bis 2013 ein Wirtshaus im Prater. In die neue Halle des Wien Museums wurde er gehängt, bevor das Haus fertig war (Foto: © Michael Bigus)

Drei Jahre lang wurde das Wien Museum am Karlsplatz umgebaut. Um den denkmalgeschützten Haerdtl-Bau herum entstand ein modernes Museum. Barrierefrei,
Eintritt frei – ein Lokalaugenschein am renitentesten Platz der Stadt.

Dass wir hier stehen können, ohne dass über und unter uns alles zusammenbricht, war Millimeterarbeit. «Bei Stahlbeton hat man Bautoleranzen im Zentimeterbereich, aber bei reinem Stahl gibt es das nicht», erklärt Heribert Fruhauf. Er ist sichtlich stolz auf die fetten Stahlfachwerke, die das gesamte Obergeschoss, das sogenannte «Schwebegeschoss», des neuen Wien Museums halten. Vorgefertigt von einer Kärntner Firma, wurden sie in Bauteilen von bis zu vierzig Metern Länge und bis zu einhundert Tonnen Gewicht auf den Karlsplatz transportiert. «Die Sondertransporte hätten über die Pack fahren sollen. Weil da eine Baustelle war, an der man wegen der Breite der Teile nicht vorbeigekommen ist, hat man eine Ausweichroute gebraucht – über die Karawanken nach Slowenien und über Spielfeld wieder rauf.» Ein Kran mit 600 Tonnen Eigengewicht musste her, um die Bauteile aufs Dach zu heben. Damit die Straße dem standhielt, wurde Material aufgeschüttet. Der Keller des Bestandsgebäudes wurde mit einbetonierten Streben verstärkt. «Das war schon spannend. Aber sobald die Logistik geklärt war, hat alles wunderbar funktioniert.»
Heribert Fruhauf ist Projektleiter des «Wien Museum Neu». Mitten in der größten Baustelle, die diesen Standort seit den 1950er-Jahren ereilt hat, hat er von der Wiener Standortentwicklung GmbH (WSE) ins Wien Museum gewechselt. Fruhauf ist außerdem Abteilungsleiter für Facility Management und interne Services der siebzehn Standorte – vom MUSA im ersten Bezirk bis zum Beethovenmuseum im neunzehnten. Langweilig, sagt er, wird ihm also sicher nicht, nun da diese Baustelle abgeschlossen ist.
Drei Jahre lang wurde das Wien Museum am Karlsplatz umgebaut und an der neuen Dauerausstellung gearbeitet. «Um alt mach neu» war das Konzept, um aus dem denkmalgeschützten Haus ein modernes Museum zu machen. Mit 6. Dezember stehen seine Türen wieder offen.

Der Karlsplatz, eine Gegend

Wir treten hinaus auf die Terrasse des neu er- oder über- oder umgebauten Museums. Sie zieht sich über drei Seiten des Hauses, West- und Nordseite werden öffentlich zugänglich sein. Man kann herumsitzen, den Museumsbesuch verdauen oder, so wie wir, den Blick über die «Gegend Karlsplatz» schweifen lassen. Über die Kirche und die Technische Universität, die Lothringerstraße, die hier ihren Anteil an der Zweierlinie hat, das Durcheinander der Straßenbahnschienen und den vorbeibrausenden Autoverkehr, dem etwas zu viele Spuren zur Verfügung stehen. Wir blicken rüber zum Zürich-Versicherungsgebäude, das keine Brücke mehr zum Wien Museum hat. Und runter auf das Wasserbecken und den Resselpark. Hier habe ich gehen gelernt! Das war 1981, Leopold Gratz war Bürgermeister und unter seiner Regentschaft sollte der Karlsplatz endlich zur Ruhe kommen: «Es gibt keinen anderen Bereich in unserer Stadt, für den so viele städtebauliche Vorschläge und Projekte ausgearbeitet sowie Ideenwettbewerbe ausgeschrieben worden sind», schreibt Gratz resigniert im Geleitwort zu dem Band Der Karlsplatz in Wien (1981). Architektonische und stadtplanerische Bewerbe, Studien, Expert:innengruppen und Enquetes hatten sich seit Jahrzehnten, wenn nicht seit Jahrhunderten abgewechselt, ohne dass am Karlsplatz oder mit dem Karlsplatz Zufriedenheit herrschte.
Über den Karlsplatz wurde die längste Zeit so gesprochen wie heute über den Matzleinsdorfer Platz: eine Problemzone, ein Nicht-Ort, ein Platz, der die Bezeichnung Platz vielleicht gar nicht verdiene. So drastisch sah es der Architekt Rudolf Perco, seines Zeichens ein Schüler Otto Wagners und leider kein Antifaschist, und er schenkte der Stadt Wien im Jahr 1930 einen Entwurf zur Verbauung des Karlsplatzes, dieses «unstrukturierten Restraums», dieser «unverbauten Gegend», wie sie schamlos in der Innenstadt vor sich hindümpelte. Aus seinen Vorschlägen wurde genauso wenig wie aus jenen von Josef Hoffmann, der – ebenfalls eigeninitiativ – dem Karlsplatz durch ein Hochhaus zu Urbanität verhelfen wollte: ein Wolkenkratzer für die Kunst. 1946 gab es wieder einen Wettbewerb und 1971 schließlich ein Siegerprojekt, das, wie jede größere Veränderung in der dichtbebauten Stadt, Proteste auslöste. Aber letzten Endes wurde der Entwurf der dänischen (Garten)Architekten Sven-Ingvar Andersson, Odd Brochmann und Peter Brogård umgesetzt. Die Karlskirche, die bei ihrer Erbauung noch am Ufer des Wienflusses stand, spiegelte sich fortan in einem großen, ovalen Wasserbecken. Baumbestand, Grünflächen und Kinderspielplatz standen im Fokus der Planung, die 1979 fertiggestellt und 1981 mit dem zitierten Abschlussbericht bedacht wurde: «Wenn dann die neu gepflanzten Bäume und Sträucher die von Andersson und seinen Mitarbeitern angestrebte räumliche Wirkung erzielen […], dann wird der Karlsplatz nicht nur der wichtigste Verkehrsknotenpunkt, sondern auch ein bei Bevölkerung und Besuchern gleichermaßen beliebter und eindrucksvoller Erlebnisraum im Herzen Wiens sein.»
Dass der Karlsplatz trotz aller planerischen, behördlichen und politischen Mühen nichts von seiner Räudigkeit verloren hat, spricht von bemerkenswerter Renitenz. Bis heute ist er kein Platz im eigentlichen Sinne: Den Autofahrer:innen dient er als Westein- und ausfahrt, den Öffinutzer:innen als Umsteigeort von einer U-Bahn-Linie zur anderen, den Fußgänger:innen als überdimensionierte Unterführung von der Wieden in die Innere Stadt. Und der Kunstplatz Karlsplatz, wie er seit den 2000ern vielfach beschworen wird, besteht aufgrund der ungelösten Autoverkehrssituation aus Inseln: hier die Kunsthalle, dort die Secession, da Künstlerhaus und Musikverein und, frisch gestriegelt, in einem weiteren Eck das Wien Museum. Dass es heute noch hier steht, musste in seiner Geschichte mehrmals vehement durchgesetzt werden.

Der moderne Museumsmann

Bevor wir zum Karlsplatz zurückkehren, wenden wir uns westwärts, Richtung Schmelz. Nicht die Schmelz der Schrebergärten, sondern die Schmelz des ehemaligen militärischen Exerziergeländes, die im Bereich des heutigen Märzparks vor über hundert Jahren als Ort eines neu zu errichtenden Museums auserkoren wurde: Das Kaiser Franz Josef Stadtmuseum war unter Bgm. Karl Lueger zu einem Architekturstreit geworden war – herrlich nachzulesen in: Schachner oder Wagner: zum Wettbewerbe um den Bau des Kaiser Franz Josef-Stadtmuseum von Josef Sturm, k. k. Professor, Gemeinderat etc. (1902). Nach Luegers Ableben im Jahr 1910 sollte es statt wie vormals geplant am Karlsplatz im gerade entstehenden Bezirksteil Neu-Fünfhaus erbaut werden. Die Schmelz hatte ihre unbestreitbaren Vorteile, hier stand kein Gebäude der opulenten Neuplanung im Weg. Aber es wurde wieder nichts daraus. Die Stadt Wien investierte nach Ende des Ersten Weltkrieges in andere Projekte, Wohnbau vor allem, und das Museum musste warten. Es kam erst in den 50ern zum Zug, zur Zufriedenheit von Franz Glück, der ihm von 1949 bis 1968 als Direktor vorstand, denn hätte man den Bau nicht vor sich hergeschoben, müsste man sich, so meinte er, nun mit einem weiteren «unpraktischen Monumentalgebäude» à la KHM und NHM herumschlagen. So aber sei die Chance gekommen, nach den Maßgaben des «modernen Museumsmannes» zu bauen, ausgerichtet am «Objekt, das atmen muss». Im Juli 1953 wurde ausgeschrieben. Im Ausstellungskatalog Das ungebaute Wien. Projekte für die Metropole, 1800 – 2000 findet man die Entwürfe, alle von Männern, aber durchaus gut gelungen, und viele von ihnen weit luftiger als das, womit Oswald Haerdtl sich am Ende durchsetzte. Interessant ist, dass Haerdtl in der Reihung der Siegerprojekte nur auf Platz vier kam. Die Jury befand, dass alle eingereichten und gekürten Bauten zwar formvollendet waren – allein, der Aspekt, dass hinter der hübschen Fassade ein Museum Platz haben sollte, sei übersehen worden: «Aus keinem Projekt geht hervor, dass die Architekten sich die Bestände der städtischen Sammlungen angesehen haben.» Und so machte die Stadt es sich leicht und beauftragte Haerdtl, den man gut kannte, mit einem neuen Entwurf.
Oswald Haerdtl wuchs im Kahlenbergerdorf auf, lernte Tischler und ging dann auf die Kunstgewerbeschule, die erst seit 1941 die «angewandte Kunst» im Namen trägt. Er wurde schnell zum anerkannten Architekten, assistierte bei Josef Hoffmann, war knapp über dreißig, als er für die Wiener Werkbundsiedlung ein Haus entwarf, und übernahm kurz darauf die Fachklasse für Architektur, in der er selbst studiert hatte. Die NS-Diktatur überstand Haerdtl, wenn ihm auch keine Linientreue attestiert wird, unbeschadet als Professor in Wien. Aber auch das Ende des Faschismus tat seiner Karriere keinen Abbruch. 1948 schon bekam er den Auftrag zur Neugestaltung der zerstörten Räumlichkeiten des Bundeskanzleramts, in den 50ern prägte er das Stadtbild mit italienisch anmutenden Arabia-Kaffeehausfilialen. 1959 wurde «sein» Wien Museum, damals noch Historisches Museum der Stadt Wien, eröffnet. Bürgermeister war nun Franz Jonas.

Noch ein weiteres Mal in der Geschichte wurde der Standort in Frage gestellt: in der aktuellen Debatte um das «Wien Museum Neu». «Im Jahr 2013 hat es eine Standortentscheidung gegeben – bleibt man am Standort Karlsplatz oder baut man neu», erzählt Heribert Fruhauf. «Die Frage war zuletzt: Karlsplatz oder Hauptbahnhofareal.» Dass der Karlsplatz gewonnen hat, erspart uns höchstwahrscheinlich ein Luxushotel Haerdtl in bester Innenstadtlage. «Es ist schön, mitten in der Stadt zu sein», sagt Konstanze Schäfer. «Auf einem Platz wie dem Karlsplatz, wo so viele Menschen und so viele Bedürfnisse zusammenkommen, ist man ganz nah an der Gesellschaft.»
Konstanze Schäfer, die zwanzig Jahre fürs Burgtheater gearbeitet hat, ist seit Herbst 2019 Pressesprecherin vom Wien Museum. «Ich habe den Umbau kommuniziert, und das hat total Spaß gemacht.» Umbauten sind immer Streitware. Warum wird aus einem denkmalgeschützten Haus zwischenzeitlich ein Skelett? Was soll die «Matratze» («Und das war noch eine der schmeichelhafteren Bezeichnungen», so Heribert Fruhauf) oben auf dem Dach? «Es war viel Kommunikation nötig», sagt Schäfer, «aber wir haben es geschafft. Die Medien sind unserer Charme­offensive erlegen.»

Ganz weit offen

«Wir stehen hier im Eingangspavillon. Das alte Haus war zu klein, war baufällig, es waren Räume gesperrt, die alte Dauerausstellung hat in der Zwischenkriegszeit geendet. Deswegen war klar, es muss was passieren.» Passiert ist – wieder einmal – ein Wettbewerb, den die Architekturbüros Certov und Winkler + Ruck für sich entscheiden konnten. Als Generalunternehmer setzte sich ein Konsortium aus Porr, Ortner und Elin durch. Die Aufgabe war, aus dem und um den denkmalgeschützten Haerdtl-Bau ein modernes Museum entstehen zu lassen. «Das Bestandsgebäude ist komplett entkernt worden», erzählt Fruhauf. Das Denkmalamt hatte die geschützten Bereiche festgelegt – manche davon waren noch im Original erhalten, andere, wie die Fassade, waren bereits Nachbauten späterer Jahrzehnte und wurden nach altem Erscheinungsbild erneuert. Boden und Wandplatten im Foyer sind restaurierte Originale, «liebevollst aufpoliert», wie Fruhauf sagt. «Alles, was zerstörungsfrei ausgebaut werden konnte, ist vor Baubeginn rausgekommen. Zum Beispiel die Haerdtl-Direktion, ein Büro im ersten Obergeschoss, das sich der Ursprungsarchitekt maßgetischlert hat.» Auch das Hauptstiegenhaus steht unter Denkmalschutz. Es wurde restauriert und mit ergänzenden Streben versehen, «wegen der Bauordnung. Vorher haben Kinder durchgepasst, das entspricht nimmer den heutigen Normen.»
Nicht den Normen entsprach wenige Jahrzehnte nach der Eröffnung bereits das gesamte Museum: kein Platz für Kinder, zum Ausruhen, für ein Café, und «der Ausstellungsparcours endete immer wieder in Sackgassen», wie der ehemalige Museumsdirektor Wolfgang Kos in dem Band Wien Museum. Etappe 2003 - 2015 schreibt. Repräsentativ und einem autoritären Volksbildungsformat verschrieben, so könnte man den Haerdtl-Bau beschreiben. Ein Palast für alle, der kein zeitgemäßes Sammeln, Ausstellen und Bilden mehr zuließ.
«Die neue Dauerausstellung hat auf drei Stockwerken und 3.300 Quadratmetern Platz für 8.000 Jahre Stadtgeschichte», sagt Konstanze Schäfer. «Und die ist wirklich gut erzählt.» Etwa einhundert Leute waren sechs Jahre lang mit ihrer Neuausrichtung beschäftigt. Stadtgeschichte, sagt Schäfer, wird hier «als Menschengeschichte» erzählt. Einen Fokus legt die neue Ausstellung auf Leerstellen dieser Geschichte: «Die Objekte sind ja oft aus dem Besitz oder aus der Sicht von Herrschenden. Man schaut also: Wen repräsentieren die eigentlich nicht?» Ein Beispiel dafür sei das Grillparzerzimmer, mit Original-Möblage, im Grundriss dem Wohn- und Arbeitszimmer des Dichters aus der Spiegelgasse 21 nachgeahmt. «In der Erforschung des Zimmers während der Neuaufstellung wurde in den Plänen eine 1,4 Quadratmeter große Ecke gefunden. Das war das ‹Zimmer› des Dienstmädchens, das diesen Raum geputzt hat! Diese 1,4 Quadratmeter mit einem Klappbett sind das eigentlich Relevante für die Alltagsgeschichten, die die Ausstellung erzählen möchte.»
Die größte Neuigkeit bei der Wiedereröffnung ist, dass das Haus «ganz offen» sein soll – die Dauerausstellung ist kostenlos zugänglich (Sonderausstellungen werden zu bezahlen sein), Vermittlungsprogramme werden gratis angeboten, es gibt große Bereiche, in denen man sich konsumfrei aufhalten kann. Selbst der Museumsshop muss, betont Heribert
Fruhauf, «selbstständig betreten werden» – es gibt kein Durchschleusen, das zum Kaufen drängt. Und das ganze Gebäude ist barrierefrei zugänglich, ein Wink Richtung Schillerplatz: durch den Haupteingang.
Im Erdgeschoss, vom Museum abtrennbar, gibt es nun ein Restaurant, wobei man da schon die Augen verdrehen darf: Es wurde Wienerisch unkreativ an die GMS Gourmet vergeben. Und wenn wir schon dabei sind zu meckern, gibt es eine zweite Sache, die nicht auf der Habenseite verbucht werden kann: die Personalräume. Müssen in diesen minimalistischen Kästchen wirklich drei Leute im Schichtbetrieb arbeiten? «Die Büros sind klein, ja», stimmt Konstanze Schäfer zu. «Aber es werden alle Auflagen erfüllt, und wir sind froh, dass wir direkt im Haus sein können.»

Auf dem Prüfstein

Jetzt ist schon wieder Weihnachtsmarkt am Karlsplatz. Man kann dazu stehen, wie man will, aber um zum Eingangsportal des Wien Museums zu kommen, muss man sich tapfer durchwurschtln und – «Jingle bells, jingle bells!» – Ohrwurmresistenz beweisen. Wie viel Geduld man beweisen muss, um ins Museum hineinzukommen, wird sich zeigen. «Wir freuen uns auf die Zeit, wenn das Museum schon zwei Monate offen ist», meint Konstanze Schäfer. «Jetzt eröffnen wir und wecken Erwartungen, alle wollen es sehen – und dann kommen vielleicht so viele, dass wir sagen müssen, Sie können jetzt nicht rein. Sie müssen warten. Sie kriegen ein Ticket für einen begrenzten Zeitraum. Das kann deprimierend sein.» Auch Heribert Fruhauf ist überzeugt von der Anziehungskraft des neueröffneten Hauses: «Wir gehen davon aus, dass wir sehr attraktiv sein werden.»
Wen erwartet so ein Museum, wenn es wirklich «für alle» sein möchte? Wer nutzt das Haus anders, als es im Konzept gedacht ist? Können Nutzungskonflikte ausbleiben? «Wir haben ein sehr gut aufgestelltes Besucherservice, das die Leute willkommen heißen und auf ihre Erwartungen reagieren wird», sagt Schäfer dazu: «Und dann heißt es, Erfahrungen sammeln. In vielen Sitzungen haben wir über Leitsysteme, Besucherströme und Nutzungsformen gesprochen – aber was wirklich funktioniert und was nicht, siehst du erst, wenn das Publikum da ist.»

Wien Museum, 4., Karlsplatz 8
Eröffnung: 6. Dezember, 20 Uhr
Timeslot-Tickets buchen auf:
www.wienmuseum.at

 

Alles neu auf der Straße des 1. Mai:
Das Pratermuseum, eines von 17 Häusern des
Wien Museums, zieht im März in einen Neubau (Foto: © Michael Bigus)

Pratermuseum neu

«Jedermann kann sich hier vergnügen»

«Man ging nicht nur in den Prater, um sich zu amüsieren, sondern auch, um sich selbst darzustellen. Der Prater blieb immer ein theatraler Raum», sagt Werner Schwarz, Kurator des Wien Museums, zu dem das Pratermuseum gehört. Das Riesenrad schaut durchs Fenster herein. Das alte Pratermuseum war im Planetarium angesiedelt und wird nun in einem eigenen, neu errichteten Holzbau Besucher:innen mit der Geschichte des Praters vertraut machen. «Der Prater hat keine Bauordnung, es müssen nur die Sichtachsen frei bleiben. Jeder kann bauen, wie er will.» Novomatic gab das kleine Glücksspiel auf, dadurch wurde der Bauplatz frei.
Kurator Schwarz interpretiert den Prater als «politischen Ort». Er behauptet sogar fröhlich einen «Beginn der Demokratie» im Prater, denn «jedermann kann sich hier vergnügen. Seit seiner Öffnung 1766 gab es keinen Zentraleintritt, niemand merkt, ob man dazu gehört oder nicht, auch wenn man kein Geld hat.» Man kann sich riskanten Situationen in 120 Fahrgeschäften aussetzen. Viele wandernde anatomische Ausstellungen zogen durch, im Sinne von «Verklärung, nicht nur Aufklärung». «Menschenschauen» wurden inszeniert – ein schrecklicher, kolonialistischer «Zoo für Menschen». «Es ging um den fremden, den abnormen und den gesunden Körper», erklärt Schwarz. Ob der Platz im Museum reichen wird? Am 15. März 2024 wird das neue Pratermuseum eröffnet.
Text: Kerstin Kellermann

2, Prater 92 (Straße des 1. Mai)
www.wienmuseum.at/pratermuseum