Ein hiesiges Amerikanien, weit und schönArtistin

Musikarbeiter unterwegs … Skopje, Reykjavík, Spanien, Oberösterreich

Eine Traummusik. Mit seinem Album Skopje ist dem Wiener Duo My House In Spain einer dieser vielbeschworenen großen Würfe gelungen. Von Rainer Krispel (Text) und

Mario Lang (Foto).

Unlängst habe ich eine Woche sehr gut gelebt, ohne je Musik aufzulegen. Dafür haben wir gelegentlich gesungen. Arik Brauer, «Bella Ciao», «Die Arbeiter von Wien», Rio Reisers «Menschenfresser» (ein Lied zur Lage), «We Shall Not Be Moved». Wir versuchten uns an «Hupf in Gatsch!» von Georg Danzer, ein tolles Lied, dann prompt Teil einer Austropop-Playlist junger Menschen, die diese am nächsten Tag auf einem mobilen Abspielgerät am gemeinsamen Badeplatz hören ließen. Hit der Urlaubswoche: «niemand hilft mir», von den Buben gesungen. Ihre Version angestoßen von der Interpretation des E(rstenW(iener)H(eimorgel)O(rchesters) mit dem leibhaftigen Ronnie Urini (die dringendste Umsetzung des Konrad-

Bayer-Textes bleibt jene von Willi

Warma). «das ist lustig/das ist schön/das ist das zugrundegehen.» Back home sind die Sensoren wieder frei für (auch) Konservenmusik, die wieder so selbstverständlich nah ins (Er)Leben hineingeht, sich so mit dem unmittelbaren (guten, wachen) Empfinden vermischt, wie oben beschrieben. Musik aus dem, zum, im Leben. Skopje, elf Lieder von My House In Spain, Thomas Schöffl (Stimme, Gitarre) und Florian Husbert Huber (Bass, Stimme), dabei ein ganz spezieller Favorit. Bei aller Klarheit und (vermeintlicher) Einfachheit der musikalischen Sprache und Umsetzung mit jedem Hören (noch) vielsagender, noch etwas anderes und mehr hergebend. «These Walls», singt Thomas Schöffl gerade («Walls»). Ich singe mit meinen eigenen Mauern im Sinn mit, aus vollem Herzen.

Coin In The Fountain.

«Throw in a coin or better throw in two, nowadays wishes seem harder to come true», steht auf dem Backcover von Skopje zu lesen. Eine der vielen schönen Zeilen, die Thomas für das Album geschrieben und gesungen hat. Einen groben inhaltlichen und emotionalen Rahmen lieferte das Dem-eigenen-Erleben-einer-Kindheit/Jugend-am-oberösterreichischen-Land-Nachspüren, als Songwriter und Texter, die damit verbundenen Bilder und Geschichten auszuleuchten und nachzuempfinden. «Meine Eltern hatten ein Haus in der Nähe von Gmunden, an der Traun, diese Bilder vom Am-Wasser-Sitzen, ein Lagerfeuer, die Kaulquappen … » Es muss eben nicht immer die Wüste von Arizona sein, existenzielle Ödnis kann einer_m an jedem beliebigen Sonntag in den vielen Nestern dieses A-Landes begegnen. Wie die Sehnsucht, sie zu besingen und in weiterer Folge womöglich zu überwinden. Husbert, der zum Zeitpunkt der Gründung von My House in Spain 2012 (bei einem Bier im Elektro Gönner) parallel noch mit den Anfang 2016 aufgelösten Valina (hyper)aktiv war, spricht von «hartem Country» und PW Long (auschecken!) als Orientierungspunkten, vom (damals) ungewohnten Spielen eines akustischen Basses als zentral für den Sound. Thomas nennt Neil Youngs ewige Harvest als prägend für den eigenen Zugang zum Songschreiben. «Wenn ein Lied mit reduzierten Mitteln stehen kann …»

Nicht zwingend Minsk.

Im ersten Jahr ihres Bestehens – Schöffl hat zuvor 2004 unter eigenem Namen die CD Where Comfort Lies veröffentlicht – machten My House Of Spain sechs Songs online zugänglich. Aufgenommen in der Linzer Kapu mit Phil Sicko, und mit gelegentlichen Drums vom Valina-Rhythmus-Genossen Anselm

Fischer, der auf dem aktuellen Album ebenso zu hören ist. Ähnlich entstand Reykjavik, 2014 auf Ugly Tree Records erschienen. Dieses eigentliche Debüt masterte

Martin Siewert, der sich beim Kennenlernen als, was Americana anbelangt, like-minded music soul entpuppte und den großen Steve Earle auflegte, den linken Titanen herzensgerechten Umverteilungs-Countrys. Als es dann darum ging, die durch diverse Live-Erfahrungen und, auf Seiten von Thomas, die nachhaltige Beschäftigung mit Dylans Time Out Of Mind weiter gewachsene Musik für Skopje erneut im Studio aufzunehmen, war er die richtige Wahl, unaufdringlich machen

Siewerts Lap Steel- und Gitarrenbeiträge diese dabei noch reicher. Die unmittelbare Souveränität, mit der dieses Album daherkommt ist spektakulär. Schon beim ersten Durchlauf assoziierte dieser Hörer den schon erwähnten PW Long (dringend auschecken!) oder den breitenwirksameren Kris Kristofferson, nicht von wegen «so klingen wie», sondern weil eine Musik zu hören ist, die etwas sagt, etwas erzählt. Wie die Stories von den Großvätern, der eine ein Jäger («Joseph’s Cabin»), der andere ein Tischler («The Carpenter»), der sich mit der Kreissäge unfreiwillig von einem Daumen befreite. Aus dem miterlebten Schock wurde Jahrzehnte später Schönheit, eine so klare, die durch das bewusste Eben-Nicht-Authenteln («europäische/r» Name und Albumtitel, Bilder aus Japan am Cover) noch klarer wird, weil My House in Spain ihr ganz eigenes Amerikanien bereisen. Damn, es ist schön dort!

 

My House in Spain

Skopje (Konkord)

Live: 25.10.,

Cafe Katschelli

www.myhouseinspain.com

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