Ein «Höhenpark» als neuer «Freiraum»?tun & lassen

Es ist nicht egal, in wessen Eigentum sich unsere Plätze befinden

Der Immobilienentwickler 6B47 nimmt sich den Franz-Josefs-Bahnhof vor. Von neuem «öffentlichen Raum» ist die Rede. Doch wie «öffentlich» ist ein Park, wenn er von einem millionenschweren Investmentunternehmen errichtet und betrieben werden soll, fragt sich Christian Bunke.

Illu: Much

Bekanntlich stehen im Alsergrund diverse kleinere, bescheidene Immobilien leer. So zum Beispiel das ehemalige WU-Gelände bei der Spittelau, oder die ehemalige Bank-Austria-Zentrale über dem Franz-Josefs-Bahnhof. Leerstand und Innenbezirk, das geht zusammen wie Haus und Feuer. Im März 2017 wurde für das Gelände von der Stadtentwicklungskommission der Stadt Wien ein «lokales städtebauliches Leitbild Althangrund» einstimmig beschlossen.

Bezüglich der ehemaligen Bank-Austria-Zentrale heißt es dort: «Das Bürogebäude am Julius-Tandler-Platz wird generalsaniert und architektonisch einer Renovierung unterzogen. (…) Mit dieser Auffrischung soll auch eine Aufwertung des Julius-Tandler-Platzes verbunden werden. (…) Durch eine Verlagerung des Bauvolumens in Hochhäuser können weite Teile der Überplattung des Bahnhofs für den Hochpark freigeräumt und deutlich mehr Freifläche für die Bevölkerung gewonnen werden.»

Das Reizwort «Hochhaus» mobilisierte eine Bürger_inneninitiative. «Der jetzige Bau ist schon 40 Meter hoch,» sagt deren Sprecher Johannes Lutz gegenüber dem AUGUSTIN. «Mit dem existierenden Leitbild wäre eine Höhe von bis zu 126 Metern möglich. Das ist so hoch wie der Turm von der Müllverbrennungsanlage Spittelau. So ein Hochhaus in einem Innenbezirk würde auch auf die benachbarten Bezirke ausstrahlen und könnte Signalwirkung für ähnliche Projekte dieser Art haben.»

«Freiräume».

Am 14. Juni wurde der Sieger eines zweistufigen Architekturwettbewerbes vorgestellt, an dem sich 30 Architekturbüros beteiligt hatten. Tatsächlich haben viele von ihnen mit der Vision von Wohntürmen gearbeitet. Das Siegerprojekt geht jedoch einen etwas anderen, weniger himmelwärts strebenden Weg. Auf 150.000 Quadratmetern soll ein 58 Meter hohes «terrassiertes» Gebäude entstehen. Es soll einer Mischnutzung dienen. Geplant sind demnach «Büros, Hotel, Wohnen, Kurzzeitwohnen für Studierende, Nahversorger und Dienstleister».

In dieses Projekt soll ein 7000 Quadratmeter großer, sogenannter «Hochpark» integriert werden. Er soll laut Infobroschüre des Bauträgers für Bewohner_innen und Anrainer_innen zugänglich sein. Thomas Madreiter, Planungsdirektor der Stadt Wien, sprach auf der Projektvorstellung von «Freiräumen», die durch diesen Hochpark geschaffen werden sollen. Und auch Peter Ulm, Vorstandsvorsitzender des Immobilienkonzerns 6B47, sprach in weihevollen Tönen von der Bedeutung des hier entstehenden «öffentlichen Raumes».

Öffentlich oder nicht-öffentlich?

Der so öffentlich vermutlich aber gar nicht sein wird. Denn der Stadt Wien, also der Allgemeinheit, gehört kein einziger Bestandteil des Projektgebietes. Befragt zu den Eigentümerstrukturen des Hochparks sagte Madreiter: «Das muss sich erst noch zeigen. Ich tendiere aber stark dazu, dass die Investoren die Eigentümer des Parks sein sollen. Es wird den Nutzerinnen und Nutzern ja letztendlich auch ziemlich egal sein, wer dort für das Entfernen von Mist verantwortlich ist.»

Als Investorin für das Althan Quartier tritt die bereits erwähnte 6B47 Real Estate Investors AG auf. Diese ist laut Eigendarstellung ein durchaus größerer Fisch: «Die 6B47 Real Estate Investors AG gehört zu den führenden Immobilienentwicklern im deutschsprachigen Raum mit Büros in Wien, Düsseldorf und Warschau. Das Unternehmen entwickelt und verwertet Immobilienprojekte mit einem Wert von derzeit etwas mehr als 1,7 Milliarden Euro. (…) 6B47 konnte 2017 Neuprojekte im Wert von 460 Millionen Euro akquirieren.» Und das nicht nur in Wien, sondern auch Düsseldorf, Frankfurt, Zyndrama und Gliwice.

Gedankenspiel.

Es ist wohl nicht untertrieben, dass der 6B47 jetzt auch ein sehr dominanter Teil des Alsergrundes gehört. Neben dem Projekt über dem Franz-Josefs-Bahnhof errichtet der Konzern auch den Althanpark auf dem Gelände der ehemaligen Postdirektion in der Nordbergstraße. Hier entstehen bis Ende dieses Jahres 237 Eigentumswohnungen. Apropos Wohnungen: Ein Teil der im Althan Quartier entstehenden Wohnungen soll «sozial gebunden» sein. Bislang kann aber keine_r der Projektverantwortlichen erklären, was genau damit gemeint sein soll.

Auch über den entstehenden «Freiraum», der, so ist zu vermuten, von Gastrobetrieben und Ladenzeilen eingerahmt sein wird, herrscht bislang reichlich Unklarheit. Hierzu ein kleines Gedankenspiel: Ein Tierschutzverein möchte im Hochpark einen Informationsstand gegen das sich dort befindende Geschäft einer mit Tierpelzen handelnden Einzelhandelskette durchführen. Allein, es gibt keine Genehmigung. Denn im Gegensatz etwa zur Mariahilfer Straße ist der Park ein Privatgrundstück. Also ist Protest im «Freiraum» nicht möglich. Auch «unerwünschte» Personengruppen werden hier keine Freiheit finden. Unter anderem deshalb ist es nicht egal, in wessen Eigentum sich die Plätze in unseren Vierteln befinden.

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