Ein weites Feld der SprachkunstArtistin

(c) Nanna Prieler

In Dialekt und Hochsprache lesen Autorinnen am 10. November bei der Litera-Tour. Die Lesung in der Augustin-Lounge geht heuer am 10. November um 19 Uhr zum 10. Mal über die Bühne. Ein Rückblick und Ausblick.


Litera-Tour 2023
mit Katherina Braschel, Karolina Heinemann, Jella Jost, Cornelia Stahl
Moderation: Armela Madreiter
10. November, 19 Uhr
Augustin Lounge
5., Reinprechtsdorfer Straße 31/im Hof

Regina Appel, die bei der Litera-Tour 2023 lesen wollte, musste leider kurzfristig absagen. Statt ihr wird Katherina Braschel lesen.

Angefangen hat es mit dem «Weiba Häppäning». Das spielte sich am 2. März 2012 beim Augustin ab und war eine Lesung mit Autorinnen der Österreichischen DialektautorInnen (Ö.D.A.) und der Ersten österreichischen Boulevardzeitung. Die Idee dazu kam von El Awadalla, Autorin und damalige Leiterin der Ö.D.A.. Im Umkreis des internationalen Frauentags am 8. März war das «Weiba Häppäning» ein Statement, denn der Literaturbetrieb war und ist männerdominiert, wenn auch heute nicht mehr dermaßen ausgeprägt. Auch im literarischen Ressort des Augustin war das so: «der ‹dichter innenteil› hat ein großes Manko, […] und zwar eine gehörige Männerlastigkeit», schrieb Kollege Reinhold Schachner in der Ankündigung des «Weiba Häppäning» in Ausgabe 315. Inzwischen hat sich das gehörig geändert, das Verhältnis weiblicher und männlicher Schreibender im dichter innenteil dürfte annähernd ausgeglichen sein, Statistik existiert dazu allerdings keine. Bei der Lesung am 2. März 2012 waren übrigens El Awadalla, Elis Rotter und Christine Werner von Seiten der Ö.D.A. vertreten, die augustinischen Autor:innen waren Heidi Gross, Jella Jost und Andrea Pesata.

Fifty-Fifty

Das gemeinsame Frauen-Literatur-Event machte offenbar Lust auf mehr – im Dezember des selben Jahres machte die Litera-Tour Station in der Augustin-Lounge. Die Litera-Tour ist eine Lese-Reihe der Basis.Kultur.Wien, mit der beinahe namensgleichen Sendung eines in Salzburg beheimateten Privat-TV-Senders hat sie rein gar nichts zu tun. Das Fifty-Fifty-Prinzip der «Besetzungsliste» der Autorinnen wurde vom «Häppäning» übernommen, je zwei lesen für die Ö.D.A. beziehungsweise für den Augustin (es kommt vor, dass Autorinnen kurzfristig absagen müssen und wenn keine andere einspringen kann, performen drei am Lesepult).

Moderiert wurde die Lesung am 13. Dezember 2012 von El Awadalla, die auch in den folgenden Jahren durch den literarischen Abend führte. Denn die gemeinsame Lesung der Dialektautorinnen und Augustin-Schreiberinnen wurde fortan jährlich durchgeführt – heuer zum zehnten Mal. Einmal ist die Litera-Tour nämlich ausgefallen, und zwar nicht wegen des Lockdowns im Corona-Jahr 2020, da fand die Veranstaltung online statt (mit Brigitte Schmolmüller, Tereza Hossa und Erika Kronabitter), sondern 2015. Warum lässt sich heute nicht mehr eruieren.

Breit gefächert

Die Bandbreite unterschiedlicher Literaturformen, Themen und Arten des Vortrags war über die Jahre extrem breit gefächert. Schon innerhalb eines Litera-Tour-Abends geht es mitunter über ein weites Feld der Sprachkunst: Texte in Dialekt und Hochsprache, Lyrik, Prosa, Experimentelles, Dialoge … 2014 traten Franziska Füchsel, Alice Reichmann, Andrea Vanek und Brigitte Schmolmüller auf, zu hören gab es u. a. Lautmaler­isches, Gesang, Liebesgedichte, Satire, Realistisches, Krimi-Persiflage. Sigrid Horn gab 2017 Songs ihres Debütalbums zum Besten, Nadine Kegele las mit performativen Einlagen aus ihrem Buch Lieben muss man unfrisiert. Mit Pono und die liabn Leit war 2019 eine ganze Band zu Gast. Gelesen haben seit 2012 u. a. Katharina Schöch, Christl Greller, Anna Maltschnig, Katherina Braschel, Brigitta Höpler, Bettina Landl, Jasmin Gerstmayr, Katharina Kleibel, Iris Gerber, Barbara Kiesl, Anna Stiegler, Elisabeth Schrattenholzer und Katharina Ferner.

Vom Dezember in den November

Um dem meist dicht gefüllten Dezember-Terminkalender nicht mit noch einem Termin zu belasten, ist die Litera-Tour in den November gewandert und findet 2023 am 10. 11. statt. Die Kooperationspartnerinnen Ö.D.A. und Augustin teilen sich die Aufgaben im Vorfeld und während der Veranstaltung. «Wir kümmern uns um die Förderung, die Location stellt der Augustin zur Verfügung», fasst Andreas Plammer, Vorsitzender der Ö.D.A., zusammen «jemand aus dem Ö.D.A.-Team moderiert den Abend, ihr macht Kaffee, Tee, die Ausschank.» Die Förderung der Basis.Kultur.Wien und des Kulturministeriums (Fair Pay Programm) ermöglicht, ein Honorar an die lesenden Autorinnen zu zahlen.
Heuer sind das Regina Appel, Karolina Heinemann, Jella Jost und Cornelia Stahl. Die gebürtige Waldviertlerin Regina Appel schreibt vor allem Kurzgeschichten, in denen sie sich oft mit ihrer Herkunftsregion beschäftigt. «Da Köna» ist eine Wunschfigur, die in jede Gegend passt. Die Kurztexte von Karolina Heinemann alias Karo Deland, entstehen häufig «als der Abend eigentlich schon längst hätte vorbei sein sollen und handeln von so manchen Zwischenstunden spätnachts, als das Bier schal geworden und der letzte Nachtbus davongefahren ist» (aus einer Selbstbeschreibung). Jella Jost ist Schauspielerin, Sängerin, Musikerin, Stimmpädagogin und Augustin-Leser:innen viele Jahre als feministisch engagierte Kolumnenautorin bekannt – in der aktuellen Folge von Cherchez la Femme  setzt sie sich mit der Künstlerin Louise Bourgeois auseinander. Mit einer Buchrezension und dem Gedicht Mutter ist Cornelia Stahl, Journalistin, Autorin und Lehrerin, in dieser Ausgabe vertreten. Die Litera-Tour 2023 bietet also erneut ein weites Feld der Sprachkunst.

Ö.D.A.
Österreichische DialektautorInnen und -archive1988 als Interessengemeinschaft für Forschung, Dokumentation und Veröffentlichung dialektaler Texte gegründet. Herausgabe der Dialektliteraturzeitschrift Morgenschtean (von Bernhard C. Bünker ins Leben gerufen), Organisation von Lesungen wie den Anno Dialekt Donnerstag. Sammlung von Dialektliteratur in Bibliothek und Archiv (auch online).
www.oeda.at

 

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