Augustiner Radian-Codrut Marin
Ich war elf, als ich mit meinem Vater nach Wien gezogen bin. Wir haben über eine NGO vom Augustin gehört. Seit ungefähr 13 Jahren verkaufe ich jetzt in der Kaiserstraße im siebten Bezirk. Am Anfang war es schwer, einen Ort zum Verkaufen zu finden. Dann habe ich angefangen, den Leuten mit ihren Einkäufen zu helfen und so Vertrauen aufgebaut. Die Menschen haben langsam gesehen, dass ich sie nicht nach Geld frage, sondern die Zeitung verkaufe und dass ich eine freundliche, verlässliche Persönlichkeit bin. Eine Frau gibt mir zum Beispiel immer ihre Einkaufsliste und Geld, damit ich für sie einkaufe. Das ist ein großes Zeichen von Vertrauen.
Mit dem Chef vom Supermarkt habe ich mich auch getroffen. Er kommt wie ich aus Rumänien und hat sich für mich eingesetzt. Manchmal gibt es Leute, die mich nicht kennen oder nicht verstehen. Wenn jemand ein Problem mit mir hat, oder nicht will, dass ich verkaufe, verteidigen mich die Leute hier sogar. Die Mitarbeitenden des Supermarktes sind sehr nett und laden mich nach drinnen ein, um mich aufzuwärmen. Viele kommen zu mir, um sich zu unterhalten. Ich verstehe Deutsch mittlerweile ganz gut und wenn ich etwas nicht verstehe, schauen wir mit Google Übersetzer nach.
Ich habe nie irgendwas anderes gearbeitet und bin dankbar, dass es diese Möglichkeit gibt. Wenn dem Augustin etwas passieren würde, würde ich wahrscheinlich in die Baubranche gehen. Aber ich glaube auch, dass mir die Supermärkte hier eine Arbeit geben würden. Ich lebe mit meiner Frau, die für eine andere Straßenzeitung arbeitet. Wir haben zwei Kinder, die bei den Großeltern in Rumänien sind. Alle paar Monate fahre ich dorthin. Noch kann ich meine Kinder nicht herholen, weil wir keine stabile Bleibe haben. Momentan wohnen wir bei Freunden in einem kleinen Kabinett. Wenn wir nach Weihnachten wiederkommen, müssen wir etwas Neues finden. Das war immer schon so. Wir sind bei Bekannten untergekommen, die ich hier auf der Straße kennengelernt und zu denen ich eine Beziehung aufgebaut habe. Dafür liebe ich meine Freunde!
Ich bin jemand, der weiß, wie es ist, nicht genug zu essen zu haben oder keinen Platz zum Schlafen, also möchte ich den Leuten genau damit helfen. Ich wünsche mir, dass wir eine Wohnung finden, dass meine Kinder hier zur Schule gehen können und einen Job finden. Denn in Rumänien geht das nicht, aber hier kann man seinen Lebensunterhalt verdienen. Wenn meine Kinder hier wären, das würde mein Herz erfüllen.
Protokoll: Sylvia Galosi
Dolmetsch: Emöke Gondos
Foto: Mario Lang