Eine feministische Kolumne gehört in den Augustintun & lassen

Jella Jost

Nein, Musik habe ich nicht studiert. Musik habe ich einfach mein Leben lang gemacht. Das erste Mal auf einer Bühne gesungen habe ich aber erst mit 38. Das war relativ spät, zu spät. Mit Musik habe ich mir aber auch schwerer getan als mit Theater.

Foto: Lisbeth Kovacic

Das Theater liegt mir im Blut, das ging leichter. Mein Vater war ja Schauspieler am Burgtheater, meine Mutter Opersängerin. Ich habe eine Schauspielausbildung gemacht und mit dem Diplom abgeschlossen. Mitte 20 habe ich angefangen, an Theatern zu spielen. Ich war in Linz am Landestheater angestellt und in St. Pölten und habe etwas ganz Banales gemacht. Bis ich das nicht mehr wollte, und so bin ich Anfang der 90er in die freie Szene hineingerutscht. Es ging damals noch, dass man irgendwie davon leben konnte. Aber dann kamen Familie, Kinder dazu, da wurde das Ganze schon viel schwieriger.

Ich habe nicht rechtzeitig umgesattelt auf einen Geldverdien-Job und habe mich abgestrudelt für alle möglichen Kleinstangebote, bis es mir zum Schluss ganz mies ging dabei. Vor sechs Jahren hat es mit einem Burnout angefangen, und vor zwei Jahren bin ich in eine schwere Depression gerutscht und bin jetzt am Rauskommen. Ich würde gern ein Buch über Depression oder meine Erfahrungen in der Reha schreiben, aber das ist sicher noch ein längeres Projekt. In meinem Blog schreibe ich über diese Krankheit und stelle auch kleine Zeichnungen im Zen-Stil dazu (www.schreibenueberdepression.wordpress.com).

Ich bin auch Dozentin für Stimmbildung und Sprechtechnik, sowohl privat mit Schauspielschüler_innen als auch zum Beispiel über die Kunst-Uni Linz. Das möchte ich gern ausbauen. Auf der Bühne stehen interessiert mich schon noch, aber auf eine neue, völlig andere Herangehensweise. Ich hoffe, es kommen noch interessante Rollen beim Film oder auf der Bühne.

Zum Augustin bin ich übrigens so gekommen: Robert Sommer ist ein Text von mir aufgefallen, den ich für das Schauspielhaus verfasst hatte, und er hat mich gefragt, ob ich für den Augustin schreiben möchte. Ich habe dann Theaterstücke und manchmal auch Filme rezensiert, nicht nach journalistischen Kriterien, sondern auf meine sehr persönliche, oft drastische Art. Das Theater und vor allem die Politik, die damit gemacht wird, hatten mich über alle Maßen wütend gemacht, und da ich am damals noch existierenden Rosa-Mayreder-College ein feministisches Grundstudium absolvierte, meinte ich, dass eine feministische Kolumne in den Augustin gehört. Daraus hat sich die Serie «Am Küchentisch» entwickelt. Jetzt sind es schon sieben Jahre, dass ich für den Augustin schreibe, und es macht immer mehr Spaß. Schreiben ist eine große Leidenschaft von mir geworden. Etwas das ich jetzt an erste Stelle setze, und meine Musik und meine Stimme, die ich jetzt völlig anders spiele und höre. Das Laute, das Grobe, das liegt mir nicht mehr. Ich war nie so, habe es lange gespielt, es war meine berufliche, gesellschaftliche Maske. Insofern lebe ich jetzt auch viel zurückgezogener. Es ist ein Prozess, tiefgehend, nach innen, zu mir.