Über das «konservativste» Projekt der Linken
Der Zeitpunkt, als der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, die Idee einer staatlichen Bad Bank als Antwort auf die Bankenkrise ins Spiel brachte, war gleichzeitig die Geburtsstunde einer Good Bank. Christian Felber und MitstreiterInnen bei ATTAC entwickelten das Konzept einer idealen Bank als Gegenentwurf zum gegenwärtigen Bankengeschäftsmodell und ihren negativen Auswüchsen, ein Positionspapier als Grundlage für eine staatliche Bankenreform. Und weil bislang keine Anzeichen staatlicher Reformfreude erkennbar sind, beschlossen sie, die Umsetzung des Projekts selbst in die Hand zu nehmen das Projekt Demokratische Bank war geboren.«Mit einem so gewaltigen Echo haben wir nicht gerechnet», sagt Christian Felber, Publizist, Tänzer und Mitbegründer von ATTAC Österreich, «viele Menschen sind begeistert von der Idee einer ganz anderen Bank und wollen sie mitgründen.» So nahm der Gedanke einer Bank, die von der Zivilgesellschaft entwickelt und gegründet wird, immer konkretere Gestalt an. Der Zeitplan ist ehrgeizig: 2012 will die Demokratische Bank ihre Pforten öffnen.
Was ist so anders an dieser Bank? Eigentlich ist das, was da von Felber und ATTAC entwickelt wurde, eine umfassende Systemreform. Weg von profit- und konkurrenzorientiertem Wirtschaften, hin zu einer Gemeinwohlökonomie mit der Demokratischen Bank als Trägerin eines neuen Wirtschafts- und Finanzsystems. Für die Bank heißt das konkret: keine Emission von Derivaten, kein Kredithandel, kein Investment-Banking, alles was heute zum prestige- und profitträchtigen Portefeuille einer gestandenen Bank gehört. Die Demokratische Bank bleibt konservativ und im Lokalen und Regionalen verhaftet Eigenschaften, die selten so positiv zu bewerten sind wie hier: Sie widmet sich ausschließlich dem Kerngeschäft einer Bank, dem Spargeschäft und der Umwandlung von Spargeldern in kostengünstige Kredite für lokale und regionale Unternehmen und Haushalte plus Gratisgirokonten für alle.
Die Bank finanziert sich über Kreditgebühren, die so bemessen sind, dass die Bank ihre Kosten deckt und den SparerInnen die Inflation ausgleicht. Darüber hinaus verschaffen die Kreditkosten weder der Bank Gewinne noch den Sparerinnen Einkommen. Keine Sparzinsen? Besteht da nicht die Gefahr, dass sich Kunden bei der Demokratischen Bank um günstige Kredite anstellen und ihre Guthaben woanders parken? Christian Felber, der das Projekt Demokratische Bank ehrenamtlich begleitet, ist überzeugt, dass sich langfristig die Einsicht durchsetzen wird, dass «es für alle viel besser ist, wenn man nicht immer den Vorteil erwartet und wenn man das weitergibt, was man nicht braucht.» Solidarität, Gerechtigkeit, eine lebenswerte Umwelt seien für viele Menschen heute wichtiger als Profit.
Das Konzept der Demokratischen Bank bricht mit vielen Selbstverständlichkeiten heutigen Wirtschaftens. Über Kreditansuchen wird beispielsweise nicht nur aufgrund einer ökonomischen Bonitätsprüfung entschieden, wie derzeit üblich, sondern es wird auch der ökologische und soziale Mehrwert des Vorhabens geprüft. Projekte mit besonders hohem Mehrwert für das Gemeinwesen erhalten kostenlose Kredite oder sogar mit «negativem Zins». Auf der anderen Seite werden Projekte, die sozial oder ökologisch unverträglich sind, nicht finanziert, auch wenn sie betriebswirtschaftlich rentabel wären. Die Banktätigkeit wirkt somit als Steuerungsinstrument für eine sozial und ökologisch nachhaltige Entwicklung.
SchuldnerInnen im Aufsichtsrat
Demokratisch heißt die Demokratische Bank, weil Vorstand und kontrollierender Aufsichtsrat, in dem VertreterInnen der Beschäftigten, der KonsumentInnen, der SchuldnerInnen sowie der regionalen Kleinbetriebe sitzen, direktdemokratisch gewählt werden. Die Grundidee: Alle SparerInnen, Kreditnehmer und GesellschafterInnen der Bank werden Eigentümer und lenken die Bank nach demokratischen Prinzipien. Auch das Gehaltsschema ist anders als heute in Banken üblich: Der Vorstandsvorsitzende wird maximal dreimal so viel verdienen wie die Putzfrau der Bank. Und nicht ca. 300 mal so viel wie der Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann mit seinem Gehalt von 9,6 Millionen EUR im Jahr 2009, das vor allem aufgrund der Boni im Krisenjahr so fett ausfiel.
Die Demokratische Bank ist nicht die erste Bank, die ihrer Tätigkeit ethische Kriterien zugrunde legt. Die deutsche Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken (GLS), bereits 1974 als sozial-ökologische Universalbank tätig; die Schweizer Freie Gemeinschaftsbank, wie die GLS mit anthroposophischen Wurzeln, finanziert vor allem gemeinnützige Initiativen wie freie Schulen, Kindergärten, biologische Landwirtschaftsbetrieben etc.; die Alternative Bank Schweiz, 1990 gegründet, hat ihre Wurzeln im links-alternativen Gesellschaftsspektrum. Sie alle veröffentlichen alle Kredite und deren Zweckbestimmung, tätigen keine spekulativen Geschäfte und investieren nicht in ethisch, sozial oder ökologisch unverträgliche Wirtschaftsbereiche wie Atomenergie, Rüstung, Gentechnik etc. Die GLS-Bank wollte ab 2010 auch in Österreich vertreten sein, was aber vor kurzem abgeblasen wurde. Bankeninsider munkeln, dass einheimische Banken über die Finanzmarktaufsicht die unliebsame Konkurrenz zu verhindern wussten.
Christian Felber ist Optimist. Am stärksten ziehe bei den Menschen das Erwecken von Sehnsüchten. «Das Subversivste, das Transformativste oder Emanzipatorischste ist, wenn man Alternativen vorlebt, eben auch im Bankensektor. Dann kann es sein, dass eine Mini-Bank aufgrund ihrer Autorität das alte System zusammenbrechen lässt, weils im Endeffekt nicht um die Bilanzsumme geht, sondern um die Glaubwürdigkeit.»
Links:
www.demokratische-bank.at/
www.gls.de
www.abs.ch
www.gemeinschaftsbank.ch
www.gruenesgeld.at/alternativbanken/index.php