Eine Herzensgeschichtetun & lassen

Augustiner Christian Meischl

Der Augustin hat mich immer unterstützt, und mit dem Augustin bin ich wieder von der Straße weggekommen. Darum war’s für mich ein klarer Fall, dass ich jetzt, wo ich es mir leisten kann, Augustin-Liebhaber werde. Ich war Kellner am Traumschiff, später Bettler auf der Mariahilfer Straße und dann Augustinverkäufer. Seit Frühjahr 2013 bin ich Kellner in der Konditorei Blocher, der Andreas Blocher war ein Stammkunde von mir.
Nach ein paar Jahren Straßenzeitungsverkauf – man wird nicht jünger, die Winter sind kalt – war mir klar, so geht das nicht weiter. Aber such dir mal mit 45 plus einen Job! Also habe ich in meinem großen Zeitungskundennetzwerk herumgefragt. Einer hat mir in seiner Baufirma für Jahresbeginn einen Job zugesagt. Ich trag mein Herz auf der Zunge – ich habe es allen erzählt, auch dem Sozialamt. Also wurde die Mindestsicherung eingestellt, es kam der Jänner, und wer nicht mehr kam, war der Baumeister. Ein Tiefpunkt! Aber kurz darauf wollte der Zufall, dass die Blochers einen Kellner gebraucht haben … und seitdem bin ich hier.
Ich bin ein sehr positiver Mensch, ansonsten hätte ich längst aufgegeben. Ein Jahr später kam nämlich der nächste Tiefschlag: Wegen einer harmlosen Bronchitis bin ich zum Lungenröntgen gegangen, und der Arzt hat sofort gesehen, dass mit meinem Herzen etwas nicht in Ordnung ist. Ich hatte nur noch 15 Prozent Herzleistung! Da ist sogar mir das Lachen vergangen. Ich wurde komplett aufgeschnitten, und nach der Operation auf Reha an die Hohe Wand geschickt. Das war mein erster richtiger Urlaub, Zimmer mit Balkon mitten in der Natur. Danach habe ich begonnen, lange und viel spazieren zu gehen. Zwei Jahre später bin ich von Rodaun zu Fuß rausgewandert zur Hohen Wand und habe oben einen Klettersteigkurs gemacht. Da bin ich im Fels gehängt und hab runtergeschaut auf die Rehaklinik. Das war ein Feeling, unbeschreiblich.
Aber es geht noch weiter! Vor ziemlich genau drei Jahren, im Weihnachtsgeschäft, die Bude gerammelt voll, kommt eine Frau mit ihrer Schwester in die Konditorei. Drüben am Fenster hat der Andreas Blocher gearbeitet, am Tisch ein zerbrochenes Windringerl. Sie sagt: «Glauben Sie, das fällt auf, wenn das zerbrochene Windringerl da gleich nimmer liegt?» Also hab ich einen Teller Windbruch für sie geholt. Sagt sie: «So was wie Sie sollte man daheim haben.» Und dann: «Sind Sie eigentlich noch zu haben?» Ein paar Wochen später waren wir ein Paar. Und sind es bis heute.
Momenterl, das ist ja ärger als bei der Rosamunde Pilcher! Der Obdachlose, der einen Job findet, eine Herz-OP hat, dann schicken wir ihn bergsteigen und am Schluss trifft er noch die große Liebe? Wenn ich das in einem Film sehe, sag ich, das ist too much.

Protokoll: Lisa Bolyos, Foto: Mario Lang

Die Vorgeschichte von Christian Meischl in unserem Online-Archiv:
augustin.or.at/wegen-solidaritaet-in-den-untergang

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