Eine Lobby für die Marginalisiertentun & lassen

Augustinerin Eli Kerbl

Den Augustin kenne ich, seit ich vor rund 14 Jahren nach Wien gezogen bin. Er war immer Teil des Stadtbilds und die Strawanzerin Teil meiner persönlichen Programmgestaltung, weil es für mich, die ich wenig Geld hatte, super war, gleich zu wissen, wie viel eine Veranstaltung kostet.
Ich komme aus der Mistelbacher Gegend, aus einem sehr kleinen Dorf, das schon zwei Orte weiter niemand mehr kennt. Ich bin mit zwei Brüdern auf einem Bauernhof aufgewachsen, ganz traditionell ist der Älteste der Hoferbe. Meine Kindheit war von Freiheit geprägt, das hieß: viel Zeit in der Natur und viel Zeit vor dem Fernseher. Neben den vielen Freiheiten musste ich wegen der patriachalen Strukturen des Dorfes früh erfahren, dass Mädchen nicht überall teilhaben durften. Das prägt meine feministische Haltung bis heute. Nach der Schule bin ich nach Wien gezogen und habe die Diversität und Möglichkeiten der Stadt schnell schätzen gelernt. Ich habe erst Kultur- und Sozialanthropologie, dann Sozialarbeit studiert.
Bevor ich zum Augustin gekommen bin, war ich im Buddy Verein aktiv, habe im Jugendzentrum und bei Unterwegs in der Straßensozial­arbeit gearbeitet. Ich habe selbst keine Armutserfahrung gemacht. Für die soziale Arbeit habe ich mich einerseits aus Idealismus entschieden, andererseits um finanziell unabhängig zu sein, wobei der Idealismus dann ein Stück weit der Erfahrung gewichen ist, dass die Grenzen durch den Gesetzgeber oft sehr eng gesteckt sind. Umso wichtiger ist Lobbyarbeit als Teil der Sozialarbeit, und die ist am besten möglich, wenn der Arbeitgeber – so wie der Augustin – finanziell unabhängig ist und es sich leisten kann, sich kritisch im Sinne der Marginalisierten zu äußern.
Politisch erreicht werden muss noch vieles: Etwa dass ein Menschenrecht auf Wohnen umgesetzt und leistbarer Wohnraum für alle geschaffen wird. Es gibt in Wien Notquartiere, aber die sind nur beschränkt zugänglich und so ausgestattet, dass immer wieder Menschen das Schlafen auf der Straße bevorzugen. Da stimmt in einer Stadt, die es sich leisten kann, jeden Tag die Straßen zu putzen, offensichtlich etwas mit der Verteilung der Mittel nicht. Es muss sich auch etwas daran ändern, dass Menschen, die hier wohnen, kein Recht zu bleiben haben, nur weil sie am Arbeitsmarkt nicht Fuß fassen können. Und die Löhne müssen angeglichen werden! Wir haben alle nur eine Lebenszeit, da erschließt sich mir eigentlich nicht, wieso Arbeitsstunden unterschiedlich viel wert sein sollen.

Protokoll & Foto: Lisa Bolyos