eingSCHENKt: Die Kraft der Zusammenarbeittun & lassen

In einem Raum befinden sich fünfzig Luftballons. Auf jedem Ballon steht ein Name. Die Namen gehören zu fünfzig Teilnehmer_innen eines Seminars. Die Tür zum Zimmer geht auf. Alle fünfzig Personen sollen ihren Luftballon mit Namen finden. Alle stürzen sich auf die Ballons, lesen, suchen, lassen aus – ein riesiges Durcheinander entsteht, Ballons gehen kaputt, fast niemand hat seinen Namen gefunden.«Nur Konkurrenz bringt uns weiter», heißt es. «Jeder soll auf sich schauen, dass er weiterkommt.» «Ich hab nichts zu verschenken.»

Puzzle heißt auf Englisch Jigsaw. Das Jigsaw-Experiment suchte sich ein konfliktreiches Feld: Feindschaften in der Schule zwischen Kindern verschiedenster Herkunft. Und das Experiment ging so: Schüler_innen wurden in verschiedene Lerngruppen geschickt, bestehend aus jeweils sechs Personen. Was es zu lernen galt, wurde in sechs Abschnitte unterteilt, von denen jeder und jede einen übernahm. Jede Schüler_in lernte nun ihren Teil und versuchte ihn den anderen beizubringen. Wie ein Puzzle müssen die Teile zusammengefügt werden, damit ein Gesamtbild entsteht. Von einer Geschichte oder einer Chemie-Aufgabe gab es nun sechs Teile, die vermittelt gehörten. In dem von Konkurrenz geprägten Klassenzimmer geht es allein darum, dem Lehrenden zu zeigen, wie klug man ist. Man braucht den Mitschüler_innen auch nicht viel Aufmerksamkeit schenken. In der Jigsaw-Klasse müssen sie einander jedoch zuhören, um etwas zu lernen. Peter muss auf Maria und auch auf Gülten genau achten, um die für ihn wichtigen Informationen zu bekommen. Wenn Haki im traditionellen Unterricht aus Angst und Unbehagen Schwierigkeiten hat, etwas vorzutragen, können ihn die anderen leicht ignorieren – und sogar demütigen, beschämen. Hat Haki jedoch in der Jigsaw-Klasse diese Probleme, liegt es im Interesse seiner Mitschüler_innen, geduldig zu sein, ihn zu ermutigen und zu helfen, damit er sein Wissen preisgibt.

Die Ergebnisse waren beeindruckend: Verglichen mit Schüler_innen in traditionellen Klassen war bei den Kindern der Jigsaw-Gruppe eine Abnahme von Ablehnung und eine Zunahme von Sympathie für die Mitglieder ihrer Arbeitsgruppe – unabhängig von deren ethnischen Herkunft – festzustellen. Schüler_innen der Jigsaw-Gruppe schnitten auch besser bei den Prüfungen ab, und ihr Selbstwert war höher.

Kooperation wirkt. Zahlreiche Ergebnisse aus Wissenschaft und Forschung zeigen uns, dass Vertrauen eine starke Währung ist und Zusammenarbeit massive Kräfte entwickelt.

Der Versuch mit den Luftballons hat einen zweiten Durchgang. Die Tür geht wieder auf. Jeder soll nun den ihm am nächsten gelegenen Luftballon in die Hand nehmen, den Namen darauf lesen und die dazugehörige Person finden. Mit munteren Fragen auf Augenhöhe sprechen die Leute einander an. Innerhalb einer Minute stehen alle mit ihrem «richtigen» Ballon im Raum.

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