eingSCHENKt: Die Räubertun & lassen

«Wer sich nicht damit identifizieren kann, dass jetzt weniger Kindergärten gebaut werden, weil wir solche Geschäfte machen, der ist hier falsch», sagte der Wirtschaftsanwalt zum Aktienhändler, der Aktienhändler zum Bankier, der Bankier zum Vermögensbesitzer. Sie hatten einen Plan.Eine einmal abgeführte Steuer wird doppelt zurückerstattet. Mit steuergetriebenen Aktiengeschäften, die jetzt als Cum-Ex-Geschäfte bekannt geworden sind, wurden mindestens 55 Milliarden Euro aus den Steuerkassen Deutschlands und aus mindestens zehn weiteren europäischen Länder geraubt. Auch Österreich wurde von den Steuerräubern geplündert. 55 Milliarden! Und dann heißt es, es sei kein Geld da für Pflege, Schulen, Kinder oder Mindestsicherung.

Möglich wurde der Steuerraub auch dadurch, dass ein Informationsaustausch über die steuerschädlichen Umtriebe innerhalb Europas kaum stattgefunden hat. Und ein solcher von vielen Vermögensbesitzenden, Wirtschaftsanwält_innen, Bankiers und Aktienhändler_innen stets versucht wurde zu verhindern. Die Regierungen Österreichs sind da als Hauptblockierer vorne mit dabei. So hatte der Finanzminister letztes Jahr kein Interesse an der besseren Kontrolle von Geldwäsche. Seit die Panama Papers und die damit offengelegten Steuertricks der Konzerne und Reichen ein weltweites Beben ausgelöst haben, sind neue Maßnahmen zur Vereitelung der Abgabenflucht ausgearbeitet worden. Gemeinsam mit Großbritannien und Malta hat der österreichische Finanzminister aber eine Verschärfung von Geldwäscheregeln in Europa blockiert. Zur Erinnerung: Rund 570 Milliarden Euro werden mittels Steuersümpfen in der Karibik und sonst wo der Allgemeinheit entzogen. Da werden die Korken der Champagnerflaschen in den Kanzleien von so manchen Wirtschaftsanwält_innen und Superreichen knallen. Mit «Wir schließen die Karibikroute» sind sie nicht in den Wahlkampf gezogen. Aber mit «Wir kürzen den Ärmsten im Land die Mindestsicherung und die Notstandshilfe».

Steueroasen, die eigentlich Privilegiensümpfe für wenige sind, entziehen den Sozialstaaten die notwendigen Budgets. Gleichzeitig verstärken sie die Tendenz, die Steuerlast primär auf Arbeitnehmer_innen, kleine Selbständige und Unternehmen zu legen, die geografisch stärker gebunden sind. Diese Art von Steuerwettbewerb erklärt das wachsende Gewicht indirekter Steuern wie der Mehrwertsteuer und die überproportionale Belastung der Mittelschichten, die es sich nicht leisten kann, in Steueroasen auszuweichen.

55 Milliarden Euro wurden uns allen mit den Cum-Ex-Geschäften geraubt. Diejenigen, die sich weigern, entschiedene Maßnahmen gegen Steuerbetrug und Geldwäsche zu ergreifen, sagen sehr gerne: «Wir haben kein Geld.» Oder noch lieber: «Wir müssen sparen.» Das «Wir» bezieht sich nicht auf sie selber, sondern immer auf die Ärmeren und unteren Mittelschichten. Das ist wichtig, in Rechnung zu stellen, wenn jetzt gekürzt wird bei Familienberatungsstellen, Integrationsmaßnahmen, Arbeitsmarktprojekten und dem sozialen Netz für die ärmsten 20 Prozent der Bevölkerung. Allein eine Milliarde der geraubten Euros entspricht den Aufwendungen für Existenzsicherung, oder einem Chancenindex für benachteiligte Schulen, oder Investitionen in die fehlenden Therapieplätze für Kindergesundheit oder den notwendigen Ausbau von Pflegehilfen zu Hause.

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