eingSCHENKt: Hilfe für Kinder bei Angst, Depression oder Trauertun & lassen

Der neunjährige Lucas wurde auf Anraten der Zahnärztin zur Psychotherapie überwiesen. Da er tagsüber häufig mit den Zähnen knirscht. Weil bereits Zahnschädigungen feststellbar sind. Über das Knirschen machen sich auch schon seine Mitschüler_innen lustig. Hey, hast Sand im Kopf? Lucas ist ein aufgeweckter, umtriebiger Bub. Er lebt mit seinen Eltern und seinen zwei jüngeren Brüdern im Gemeindebau. In der Schule beim Lernen geht es ihm gut. Lange überlegen die Eltern, ob sie das ­machen sollen.Lange denkt Lucas darüber nach, was das denn sei, dieses Psychodings. Und wenn der Stefan von der Nebenwohnung das mitkriegt, dass er …? Aber gegen das Knirschen ist kein Kraut gewachsen. So machen sie sich auf zur ersten Stunde. In der Psychotherapie ist Spannungsregulation das zentrale Thema. Lucas lernt schrittweise, seinen Körper wahrzunehmen. Wo ist Anspannung wichtig und wo Entspannung? In welchen Situationen steigt die Spannung? Womit kann ich mich am besten entspannen? Die Mutter arbeitet mit und beobachtet ebenfalls, wie Lucas mit Spannungen umgeht. Sie bietet ihm in angespannten Situationen Entspannung an. Sie macht ihm z. B. etwas zu trinken und verschafft ihm eine Pause, wenn sie merkt, dass seine Spannung hoch wird, oder sie hält ihm eine Zeit lang seine kleinen Geschwister vom Leib. So lernt Lucas Schritt für Schritt, besser mit Spannungen umzugehen.

Kinder brauchen Hilfe, wenn sie mit ihrem Alltag und mit sich selbst nicht mehr zurechtkommen. Am häufigsten treten Angstzustände auf, gefolgt von depressiven Leiden. Bei Burschen gibt es mehr Selbstverletzungen und Probleme mit Impulskontrolle, Mädchen sind von Angst häufiger betroffen und entwickeln eher Essstörungen. Diese Symptome weisen natürlich alle auf gesellschaftliche Bedingungen, Ursachen und auch Fehlentwicklungen hin. Aber trotzdem: 14 Prozent der Kinder in Österreich brauchen therapeutische Hilfe bei Depression, Angstzuständen, Trauer oder traumatischen Erlebnissen. Kostenlose Psychotherapie für betroffene Kinder gibt es aber viel zu wenig. Besonders schwierig ist das noch mal außerhalb der Ballungszentren am Land.

Das ist in einigen Ländern Europas besser geregelt. In Deutschland ist therapeutische Unterstützung zumindest im Jugendhilfegesetz verankert. Und in den skandinavischen Ländern gibt es nicht diese strikte Trennung von Gesundheits- und Sozialsektor. In Österreich macht es in der Jugendhilfe auch einen Unterschied, wo ein Kind oder Jugendlicher lebt. Die Hilfen unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland und von Bezirk zu Bezirk. Das eine Mädchen bekommt eine Psychotherapie bezahlt. Das andere aus einem angrenzenden Bundesland hat Pech und bekommt keine. Ein Bub bekommt eine Hilfe, ein Bub aus einem anderen Bundesland nicht.

Dabei geht es auch um mehr als Psychotherapie: Physio- und Ergotherapie, der Ausbau der frühen Hilfen für Eltern und Baby, mehr Kinderfachärzt_innen und Hebammen, Unterstützung für Kinder mit psychisch kranken Eltern – all das wäre hilfreich. 70.000 Kinder in Österreich erhalten nicht die für sie notwendigen Therapien. Es gibt zu wenige kostenfreie Plätze oder elendslange Wartezeiten.

Für Lucas war es eine gute Entscheidung. Das Knirschen plagt ihn nicht mehr. Mit Anspannungen wird er umgehen lernen.