eingSCHENKt: Kinder in desolaten Wohnungentun & lassen

Angelika S. besucht eine Kursmaßnahme des AMS, bewohnt als Untermieterin ein Zimmer unweit von St. Pölten. Sie zahlt der Vermieterin monatlich 200 Euro bar auf die Hand, einen Mietvertrag hat sie nicht, eine Bestätigung für die monatliche Zahlung der 200 Euro bekommt sie auch nicht. Als sie die Vermieterin um die Ausstellung eines Mietvertrags bittet, sagt diese, dass sie das nicht wolle, weil dann müsste sie die Mieteinnahmen ja versteuern, Frau S. bekomme keinen Mietvertrag, sie könne ja ausziehen, wenn ihr das nicht passe.Da Angelika S. bewusst ist, dass sie um 200 Euro keine Mietwohnung finden kann, bleibt sie weiterhin in dieser prekären Wohnsituation. Das Kursgeld, das sie vom AMS bezieht, ist so niedrig, dass sie eigentlich Anspruch auf eine Ergänzungsleistung im Rahmen der Mindestsicherung hätte. Hätte deshalb, weil für den Bezug der Mindestsicherung in voller Höhe Wohnkosten nachgewiesen werden müssen, etwa in Form eines Mietvertrags. Da Frau S. diese Wohnkosten nicht nachweisen kann, bekommt sie auch keine Mindestsicherung. Prekäres Wohnen in feuchten und desolaten Behausungen ist für viele traurige Realität, denn: Wohnraum zu finden, der leistbar ist, das ist schwer. Tatsächlich ist Wohnen massiv teurer geworden und macht einen immer größeren Anteil des monatlichen Haushaltsbudgets aus. 6 % der Bevölkerung in Österreich klagen über dunkle Räume, 11 % leben in feuchten, oft auch schimmligen Wohnungen. 7 % leben in Überbelag – davon sind untere Einkommen stärker betroffen.

Besonders gefährdet sind Menschen, denen eine Leistung aus der Mindestsicherung zusteht: Denn durch die Deckelungskürzung der Mindestsicherung in Niederösterreich und anderswo hat sich die bereits bestehende prekäre Situation noch verschärft. Die Konsequenzen: Menschen leben in Häusern oder Wohnungen die von Schimmel und baulichen Mängeln betroffen sind, haben keinen oder keinen adäquaten Mietvertrag und sind der Willkür der Vermieter_innen ausgeliefert. Darunter sind viele Familien mit Kindern. Ein Immobilienbüro vermietet einer Familie mit Kindern eine Wohnung in derart desolatem Zustand, dass es zu akuten Gefährdungssituationen für die Kinder kommt: Das Thermostat der Heizung ist nicht regulierbar, das Wasser schießt mit 100 Grad ein, eines der Kinder zieht sich im Frühjahr massive Verbrennungen zu, so dass eine Hauttransplantation notwendig ist. Wenig später fällt eine Holzdecke herunter. Nur durch einen glücklichen Zufall ist zu diesem Zeitpunkt keines der Kinder in der Wohnung. Eine unsichere Wohnsituation ­bedeutet für sie: kein ­sicheres Zuhause haben, Angst davor, die Nachbar_innen, die Schulfreund_innen zu verlieren, Unsicherheit erleben in einer Lebensphase, in der Geborgenheit und Stabilität besonders wichtig sind.

Investitionen in leistbare Wohnungen sind ein ­Gebot der Stunde. Es braucht einen ausreichenden Neubau bedarfsgerechter Wohnungen und eigenmittelfreien Zugang zu erschwinglichem Wohnraum, denn oft sind schon geringe Baukostenzuschüsse nicht mehr leistbar. Um Delogierungen zu verhindern, ist die Berücksichtigung der tatsächlichen Wohnkosten wichtig. Das gilt für fast alle Bundeländer, insbesondere aber für Niederösterreich. Dafür braucht es eine Mindestsicherung, die sich am realen Wohnaufwand vor Ort orientiert.

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