Nehmen wir eine Woche mit ihren sieben Tagen. Und beginnen am Montag mit den ersten Reformen. Dann würde es am Montagabend weniger Bundesländer-Wirrwarr geben. Sachlich ist nicht zu rechtfertigen, dass neun verschiedene gesetzliche Regelungen herrschen mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten.
Am Dienstag gehen wir die Finanzierung an, die mehr als problematisch ist. Als Landesleistung fallen die Ausgaben in die Gemeinden, Städte bzw. Sozialhilfeverbände. Dieses «Heimatprinzip» hat seine Ursprünge noch im Armenwesen des 19. Jahrhunderts. Arme Gemeinden haben viele Anspruchsberechtigte und damit hohe Kosten, reichere Gemeinden haben wenige Mindestsicherungsbezieher_innen und keine Ausgaben. Das macht es auch attraktiv, Anspruchsberechtigte nach dem Floriani-Prinziploswerden zu wollen – in die nächste Stadt oder überhaupt ein anderes Bundesland. Hier könnte ein «Zweckzuschuss-Gesetz» helfen: also ein Gesetz, dass die Länder und Gemeinden verpflichtet, das Geld, das sie im Rahmen des Finanzausgleichs erhalten, auch tatsächlich für diesen Zweck auszugeben. Das würde dem Bund auch Möglichkeiten einräumen, den Bruch der 15a-Vereinbarung durch die Länder zu ahnden.
Mittwochs steht die Reform der Regelungen bei Menschen mit erheblicher Behinderung an. Was in der Diskussion oft untergeht: In den meisten Bundesländern kommt der Mindestsicherung auch die Rolle zu, ein finanzielles Existenzminimum für Menschen mit sogenannter erheblicher Behinderung, wenn sie in Privathaushalten leben, sicherzustellen. Auf deren besondere Bedürfnisse hat die Mindestsicherung derzeit keine Antwort. Und es kommt zu großen sozialen Härten, wenn Menschen von Familienangehörigen gepflegt werden. Wie viele Personen das betrifft, weiß man nicht, hat die Sozialexpertin Martina Kargl recherchiert, werden Menschen mit Behinderungen doch in der Statistik bei den Kindern (!) mitgezählt.
Es braucht Leistungen mit Rechtsanspruch, sagt das Donnerstag-Programm. Das wären Bedarfe, die von den Ämtern nicht als Kosten des täglichen Lebens gewertet werden: Geburt eines Kindes, Reparaturen, Kautionen für Wohnungsanmietungen etc.
Am Freitag folgt die Neuregelung der Unterhaltspflichten. Da braucht es eine zeitgemäße Definition der «vorrangigen Leistungen Dritter»: Unterhaltsverpflichtungen zwischen erwachsenen Kindern und ihren Eltern – oder sogar zwischen Enkeln und ihren Großeltern. Die derzeitigen Regelungen sind mit einem modernen Sozialstaatsverständnis nicht zu vereinbaren.
Samstags kümmern wir uns um kürzere Fristen. Die Verkürzung der maximalen Entscheidungsfrist von 6 auf 3 Monate war ein Erfolg. Aber sie ist noch immer zu lang.
Und am Sonntag steht eine grundsätzliche Frage an. Die Mindestsicherung wird eigentlich überfordert. Erwerbsarbeit und Versicherungsleistungen können Einkommensarmut zunehmend weniger verhindern. Es genügt also nicht, nur über die Mindestsicherung zu sprechen – die Vermeidung von Einkommensarmut wäre eine zentrale Aufgabe. Die Mindestsicherung kann in Zukunft nicht der «Staubsauger» für alle strukturellen Probleme sein, die in der Mitte der Gesellschaft angelegt sind: Arbeitslosigkeit, Pflegenotstand, prekäre Jobs, mangelnde soziale Aufstiegschancen im Bildungssystem. Es ist notwendig, etwas dort zu tun, wo Armut gemacht wird.
Am nächsten Morgen ist Montag.