Eine etwas ungewöhnliche Kandidatur
Den einen ist sie als Flüchtlingsunterstützerin und Befürworterin des Grundeinkommens bekannt, den anderen als eine, die schreibt und Poetry Slams auf die Beine stellt, den dritten als Gewinnerin der Millionenshow. El Awadalla will als Bundespräsidentin kandidieren. Spaß oder Ernst? Lisa Bolyos (Text) und Carolina Frank (Fotos) haben sie zum Gespräch über ein Open House in der Hofburg und die Angst der Linken vor institutioneller Politik getroffen.
Foto: Carolina Frank
Wie bist du auf die Idee gekommen, als Bundespräsidentin zu kandidieren?
Das ist eine alte Idee. Zum ersten Mal wurde ich schon vor vierundzwanzig Jahren gefragt, ob ich nicht kandidieren mag. Ich hab das sehr ehrenvoll gefunden, war damals aber gerade schwanger und hab gesagt: Nein, das tu ich mir nicht an. Ich konnte schließlich nicht sagen: Ich mach’ jetzt mal den Wahlkampf und um die Schwangerschaft kümmere ich mich später. Aber ich habe damals schon überlegt, was wäre, wenn. Diesmal haben wieder ein paar Leute gefragt, und ich würde sagen, aus einem Witz heraus ist es ernst geworden.
Unter Aktivist_innen ist es recht umstritten, in die institutionelle Politik zu gehen.
Es gibt Leute, die sagen, sie unterstützen mich nicht, weil sie prinzipiell gegen das Präsidentschaftsamt sind. Als Strache vor kurzem vorgeschlagen hat, man sollte Kanzler und Präsident zu einem Amt zusammenlegen, hat man aber wieder einmal gesehen, dass dieses Amt nach wie vor notwendig ist. Natürlich kann man darüber diskutieren, wie man es umstrukturieren könnte. Aber es gibt auch Linke, die sagen: Wir wollen mit diesen ganzen Institutionen nichts zu tun haben. Ja und dann? Dann sitzen wir immer im Hinterzimmer und beschweren uns darüber, dass die Welt uns nicht hört? Das kann’s ja auch nicht sein.
Verstehst du deinen Wahlkampf als reale Möglichkeit, Präsidentin zu werden …
Ja, sicher!
… oder als Kampagne?
Beides. Ein wesentlicher Punkt ist natürlich schon die politische Kampagne, um Themen in die Diskussion reinzutragen.
Es wäre also durchaus sinnvoll, sich öfter mal in die Vergabe öffentlicher Ämter einzumischen, um überhaupt in die Medien zu kommen?
So sehe ich das schon. Wir können uns nicht immer hinstellen und sagen: Die Medien sind furchtbar und wir würden alles ganz anders machen, ohne jemals unser Botschaften anzubringen. Und zwar nicht nur in Blättchen mit einer Auflage von ein paar hundert Stück.
Was viele Leute vor institutioneller Politik zurückschrecken lässt, ist das Gefühl, sie müssten sich kompromittieren.
Man muss ja nicht alles mitmachen. Meine erste Interviewanfrage war gleich eine Homestory – da hab ich gesagt: Homestory gibt’s sicher keine. Da will ich nicht mitspielen. Man kann zu Themen und Standpunkten stehen, aber es muss nicht darum gehen, was jemand zum Frühstück trinkt oder was er anhat. Ich habe auch beschlossen, dass ich zu allen Fernsehauftritten dasselbe Gewand anziehe. Dieses seltsame ungeschriebene Gesetz, dass Frauen immer was anderes anziehen müssen, gefällt mir nicht. Eine normale Frau kann sich das auch nicht leisten.
Im letzten Herbst haben wir eine große Solidaritätsbewegung mit Flüchtlingen erlebt. Dennoch haben die Rechten danach einen ordentlichen Aufschwung erlebt, während keine linke Partei daraus Kapital schlagen konnte.
Was für linke Parteien? Die großen Parteien versuchen alle, die FPÖ rechts zu überholen.
In Spanien und Griechenland gründen Linke ganz selbstbewusst neue Parteien. Was ist mit Österreich los?
Wenn ich das wüsste, hätte ich die Partei schon gegründet. In Griechenland war die Situation ganz anders, sehr prekär, da hat was passieren müssen. In Spanien auch. Der Neoliberalismus ist wie die Geier hergefallen über beide Länder.
Das ist eine recht optimistische Krisenanalyse, zu sagen: Wenn es ganz schlimm hergeht, werden linke Parteien stark.
So habe ich das nicht gemeint. In Griechenland war die Situation einerseits wirklich ziemlich schlimm, andererseits hat sich neben der linken Partei ja auch eine rechte gebildet. Das ist überall das Problem, dass die Rechten immer stärker werden und die aus der Mitte, die sich dagegen wehren könnten, das Spiel stattdessen mitspielen. Warum? Sind die alle zu feig, sich zu positionieren?
Gesetzt den Fall, du würdest in die Hofburg einziehen, wie würde das ausschauen?
Das wär sicher erst einmal ein lustiger, volksfestmäßiger Marsch dorthin. Und dann hätte ich gern die Hofburg als Open House, wo die Leute wirklich kommen können. Die letzten aus der Politik, die unter die Leute gegangen sind, waren die Johanna Dohnal, mit der man immer reden hat können, und der Rudolf Scholten, der auch zu Lesungen von einem Kleinverlag gegangen ist. Heute sitzen sie alle eingesperrt in einem Elfenbeinturm, und wenn man Glück hat, erreicht man ihr Vorzimmer, aber nicht mehr. Die haben keine Ahnung, wie das echte Leben ist, und verdienen dabei mordsmäßig. Irgendwer hat mir in einem Mail geschrieben, was ich da verdienen würde – das ist mehr im Monat, als viele Leute in einem oder zwei Jahren haben. Das ist ja Wahnsinn! Aber man könnte natürlich auch viele tolle Dinge damit machen; jeden Monat ein neues.