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Auf Englands Strassen brennt es. Das kommt nicht aus dem Nichts. Um gegenzusteuern gilt es Zusammenhänge zu sehen, Kontext begreifen, Gewalt nicht entschuldigen.Wenn wir uns drei Indikatoren anschauen: Erstens die Gewaltrate, zweitens die Anzahl der Gefängnisinsassen und drittens das Wohlergehen von Kindern. Und dann diese drei Indikatoren mit der sozialen Ungleichheit verknüpfen, die in unterschiedlichen Ländern besteht, dann bekommen wir als Ergebnis: Wo die soziale Schere auseinander geht, dort herrscht mehr Gewalt, dort sitzen mehr Menschen im Gefängnis und dort ist die Lebensqualität der Kinder viel schlechter.
In den USA wird alle drei Stunden ein Kind mit einer Waffe getötet, in England werden über eine Million Gewaltverbrechen in einem Jahr registriert. Das ist wesentlich höher als in anderen Staaten mit ähnlicher Wirtschaftskraft. Je höher die soziale Ungleichheit in einem Land, desto mehr an Gewalt ist zu verzeichnen. Dasselbe gilt für die Anzahl der Personen, die in Gefängnissen sitzen. Auch hier weist England eine extrem hohe Rate auf.
Der Report der UNICEF misst mehrere unterschiedliche Aspekte des Wohlergehens von Kindern: Einkommenssituation, Gesundheitszustand, Bildung, Selbstbestimmung, etc. Das Ergebnis: England weist hier ganz schlechte Werte auf. Je größer die Unterschiede zwischen arm und reich, desto schlechter die Lebensqualität von Kindern. Der Zusammenhang war in dem Land am stärksten, in den die höchste Anzahl der Kinder vorlag, die unter weniger als der Hälfte des durchschnittlichen Einkommens im Land lebt. Nicht wie reich wir insgesamt sind, ist hier entscheidend, sondern wie stark die Unterschiede zwischen uns sind. Geht die Schere zwischen arm und reich noch mehr auf, heißt das mehr Krankheiten und geringere Lebenserwartung, mehr Teenager-Schwangerschaften, mehr Status-Stress, weniger Vertrauen, mehr Schulabbrecher, vollere Gefängnisse, mehr Gewalt und mehr soziale Ghettos.
Denn: Armut ist kein Eigenschafts-, sondern ein Verhältniswort. Es geht immer um relative Ungleichheit, um relative Lebenslagen, um den Vergleich, um Ausschluss, um Kränkung. Armut im Reichtum, Diskriminierung in posaunter Gleichheit, abhängige Herkunft bei versprochener Zukunft.
Cameron bietet uns Grütze und sagt uns dann, sie schmeckt wie Kaviar, schimpft ein Jugendarbeiter aus London. Die Jugendzentren werden geschlossen, die Unterstützung für günstige Wohnungen um 60% gekürzt, die Schulen verfallen, prekäre Jobs breiten sich aus – und die Regierung nennt das dann ihre Big Society. Derweil wurden die Gelder in den Finanzdistrikten der Londoner City verspekuliert oder in den Sicherheits- und Kontrollapparat verschoben. So viel Kameras auf öffentlichen Plätzen gibts nirgendwo in Europa, dem Gefängnis- und Sicherheitsbusiness geht es prächtig. Und Cameron kündigte an, die sozialen Netzwerke wie Facebook und Twitter zu bekämpfen, statt die sozialen Probleme im Land. So werden die brennenden Probleme nicht kleiner.