Es gilt die Abzockvermutungtun & lassen

Kartellstrafe für Berglandmilch

«Verbrechen zahlen sich aus!», lernen Österreichs Konsument_innen, wenn sie folgenden Umstand betrachten: Nicht korrekter Kassaeingang von 146 Millionen Euro, Strafe dafür 1,125 Millionen Euro. Bleiben 144,875 Millionen. Thema: Berglandmilch, Zweitgrößter Milchverarbeiter Österreichs und besonderes Juwel in der Sammlung der Raiffeisen-Pretiosen.

Der Reihe nach: Die Bundeswettbewerbsbehörde filzte die Zentrale der Berglandmilch im oberösterreichischen Wels und fand prompt heraus, dass mit den großen Handelspartnern in ganz Österreich Preisabsprachen getroffen wurden. Ein Kartellverfahren war die Folge und Berglandmilch wurde zu einer Kartellstrafe in der Höhe von 1,125 Millionen Euro verdonnert. Viel Geld, so eine runde Million, wenig Geld, wenn das Wissen vorhanden ist, dass weit mehr als das Hundertfache damit verdient werden kann. Der Direktor der Wiener Arbeiterkammer, Werner Muhm, stellte folgende Rechnung auf: Unter der Annahme, dass in den letzten sieben Jahren entsprechende Preisabsprachen von Berglandmilch und Partnern getätigt wurden und ein nur fünfprozentiger Preisaufschlag für die Giebelkreuzler dabei heraussprang, wäre das bei einem Umsatz von 2,9 Milliarden Euronen in diesen letzten sieben Jahren ein Zusatzgewinn von 146 Millionen. Zu bezahlen von Österreichs Konsument_innen. Cash an der Kassa im Supermarkt.

 

Die Bundeswettbewerbsbehörde ist ein verschwiegenes Amt. Zwar hat sie im Interesse der Konsument_innen auf die Einhaltung der Spielregeln in unserem Wirtschaftssystem zu achten, ganz durchschaubar soll es für die betroffenen und zahlenden Konsument_innen jedoch auch nicht werden. Die Bundeswettbewerbsbehörde veröffentlicht nicht, welche Marken der Berglandmilch von den Preisabsprachen betroffen waren. Zur Auswahl stehen Schärdinger, Tirol Milch, Lattella, Stainzer, Desserta, Sirius, Landfrisch, Fidus, Jogurella, Alpiland oder Berghof. Einzelne davon? Alle?

Teure Butter

 

Berglandmilch verarbeitet an zwölf Standorten in ganz Österreich mit 1400 Mitarbeiter_innen nach eigenen Angaben zirka 1,210 Millionen Liter Milch .

Für den Vorsitzenden der Geschäftsführung von Berglandmilch mag es eine Horrorvision sein: Die Konsument_innen beginnen, ihre Kassazettel von Billa, Merkur, Hofer, Spar und wie sie alle heißen, aufzubewahren, und im Falle eines kartellrechtlichen Verfahrens und der Feststellung von Unrechtmäßigkeiten durch die Wettbewerbsbehörde, sprich Einkassierens eines Zuschlags, wenden sich die Konsumt_innen vertrauensvoll an Herrn Diplomingenieur Josef Braushofer in Wels, Schubertstrasse 30, präsentieren ihre Belege und fordern Schadensersatz. Nun mögen das pro gekauftem Joghurt oder pro getrunkenem Glas Lattella nur wenige Cent sein – ein Rechtsanspruch auf Schadensersatz wäre gegeben und Akteure wie Berglandmilch wären mit tausenden Klagen konfrontiert, die nicht nur verloren würden, sondern auch einen ordentlichen Kostenschock verursachten. Ein Anrufer in der Augustinredaktion stellte die Frage, ob es möglich sei, mittels einer Kundenkarte (er nannte konkret Merkur-Friends), mit der sämtliche Umsätze und gekauften Produkte nachvollziehbar wären, die gekauften Berglandmilchprodukte zu identifizieren und Schadenersatz zu fordern. Auch die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren würde ihn nicht kümmern, so der Anrufer, denn diese beginne erst zu laufen, wenn ein Schaden bekannt wird, und er habe erst heute erfahren, dass er seit mehr als drei Jahren zu überhöhten Preisen die Butter kauft.

Die AK-Wien fordert in diesem Zusammenhang die Möglichkeit einer Sammelklage, um so den Konsument_innen zu ihren Rechten verhelfen zu können.

 

Im Rahmen der Berichterstattung über Raiffeisen tauchte hier im Augustin wiederholt die These auf, Raiffeisen benötige kein Lobbying, da die Giebelkreuzler über genügend Getreue im Parlament verfügten. Sollten für die Möglichkeit von Sammelklagen bei Kartellverfahren Gesetzesänderungen im Nationalrat notwendig sein, darf man schon jetzt gespannt sein, wie die Raiffeisenabgeordneten abstimmen werden. Sie hätten die Gelegenheit, unsere These zu widerlegen und pro Konsument_innen zu stimmen, oder sie bleiben weiter auf Raiffeisenspur.

 

Wir hingegen unterstützen die Marketingabteilung von Berglandmilch und erweitern den derzeit von den Genossenschaften verwendeten Slogan «Mit Schärdinger lässt sich’s leben» mit nur einem Wort und bieten dafür volle Information für die Konsument_innen: Wir empfehlen das Wort «teuer».

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