„Fairplay“ macht Schulevorstadt

Was hat Fußball mit Jugendarbeit, Integration und Kulturvermittlung zu tun?

Das soziale und integrative Potential von Fußball wird in der Sozialarbeit mit Jugendlichen schon länger genutzt. Im Vorfeld der nahenden Europameisterschaft gibts nun Initiativen, um ideelle Werte des Fußballs, wie Toleranz, Fairness, Teamgeist und Respekt auch im Unterricht an Schulen zu vermitteln. Der Augustin stellt drei aktuelle Projekte vor.Bei Integration durch Sport, Euroschools2008 und Kick-Kultur wird erlebbar, dass zentrale Elemente des Fußballs, wie Gewinnen und Verlieren, und eben Fairness, Teamgeist und Respekt, auch außerhalb des Spielfeldes zählen. Dabei soll Fußball nicht nur für Jungs, sondern auch für Mädchen attraktiv werden. Und wenn Eltern ihren Sprösslingen über die Schulter oder besser auf die Beine schauen, können vielleicht auch sie gewinnen. Mitgetragen werden die drei Projekte von Fairplay, jener NGO, die seit Jahren intensive Antirassismus- und Antidiskriminierungsarbeit rund um den Fußball betreibt. Ihre Ideen und Aktivitäten erfahren nun eine politische Aufwertung im Bildungsbereich.

Vom Beserlpark zum Verein

Am Elektraplatz veranstaltete der Integrationsfonds ein Fußballturnier unter dem Motto: Integration durch Sport. Jugendliche mit Migrationshintergrund traten in zwei Altersklassen (U15 und U18) gegeneinander an. Das Ziel erläutert Organisator Markus Kinzlbauer so: Wir wollen heimische Vereine und Migrantenkinder zusammenbringen und die Jugendlichen für den organisierten Sport begeistern, denn das Vereinsleben ist ein wichtiges Mittel zur Integration. Da viele Migranten die hiesige Vereinsszene nicht kennen, bot die Veranstaltung Gelegenheit, mit Klubvertretern ins Gespräch zu kommen. Austria, Rapid, Sportklub, Vienna und Elektra schickten Scouts, die nicht nur nach Verstärkungen für ihre jeweiligen Nachwuchskader Ausschau hielten, sondern den Teams auch mit professionellem Rat zur Seite standen. Zweiter Schwerpunkt des Turniers war das Fairplay der Akteure: Die Jugendlichen sind mit vielen Vorurteilen konfrontiert und darum haben wir den Fairnesspreis eingeführt, der über dem sportlichen Ergebnis steht. Die Teams wurden durch die Wiener Jugendzentren und den Verein Juvivo zusammengestellt, wo Fußball fixer Bestandteil der Sozialarbeit ist.

Fairness und Toleranz im Lehrplan


Euroschools2008, das offizielle UEFA-Schulprojekt wird im Auftrag von Österreich am Ball von Fairplay selbst organisiert. Die Fairplay MitarbeiterInnen Alexa Bluma, Njideka Stephanie Iroh und Kurt Wachter, der zur Projektentwicklung Erfahrungen bei der WM in Deutschland gesammelt hat, erläutern den Ablauf: Schulen übernehmen die Funktion von Botschaftern eines UEFA-Mitgliedslandes. Dabei repräsentieren SchülerInnen ihr Land nicht nur sportlich, sondern setzen sich im interkulturellen Dialog auch mit der eigenen und der anderen Identität auseinander und gehen der Frage nach, was die eigene von der anderen unterscheidet. Kulturelle Gemeinsamkeiten und Differenzen sollen sichtbar gemacht werden: Was wissen die Kids über das Land? Was wollen sie über das Land nach außen tragen? Welche Bezüge gibt es zu Österreich?, skizziert Iroh praktische Aufgabenstellungen für Botschafter.

Beim Euroschool-Cup vertreten die Botschafter ihr Land dann auch fußballerisch. Das Turnier, dessen Finale während der EURO2008 stattfindet, wird im speziellen Fairplay-Modus ausgetragen: Zwei Mädchen und zwei Buben bilden ein Team und Tore zählen erst dann, wenn mindestens ein Tor von einem Mädchen erzielt wurde. Punkte gibts nicht nur für Siege, sondern auch für faires Verhalten. Zu den klassischen Spielregeln vereinbaren die Teams drei zusätzliche Agreements, die für das jeweilige Spiel verbindlich sind. Über die Einhaltung wacht kein Schiedsrichter, sondern ein Teamer, der bei Verstößen mit den SpielerInnen gemeinsame Lösungen verhandelt. Was auf den ersten Blick etwas unorthodox wirkt, hat in der Praxis einen hohen Funfaktor für alle Beteiligten. Projektleiterin Bluma berichtet von Erfahrungen, die sie im Vorfeld der U19 EM gesammelt hat: Beim ersten Mal sind die Schüler oft skeptisch, aber dadurch, dass sie sich auch selbst Regeln aufstellen können, machts ihnen Spaß. Einige haben z. B. vereinbart, Purzelbäume zu schlagen, auch wenn die andere Mannschaft ein Tor schießt. Gezeigt hat sich auch, dass nicht unbedingt Technik oder Athletik, sondern der Teamgeist zu Erfolg führt: Manche haben wirklich als Team gut zusammengespielt und mehr Fairplay-Punkte gehabt, als sie Tore geschossen haben. Parallel zum aktiven Sport soll auch im Unterricht der Fairplay-Gedanke aufgegriffen werden. Was bedeutet er in der Gesellschaft? Wo passieren Fouls im Alltag? Oder: Gibt es ein respektvolles Miteinander in der Klasse? Man darf also gespannt sein, was sich in den nächsten Monaten in den Klassenzimmern und Turnsälen so alles tut.

Tanz mit dem Ball


Bei Kick-Kultur, geht es um die Vermittlung der kulturellen Bedeutung des Fußballs. SchülerInnen sollen sich mit dem Thema auf eine ganz andere Weise auseinander setzen können, meint Koordinator Roman Schanner, denn Fußball ist ein Teil unserer Gesellschaft und hat eine Spiegelfunktion: Man kann kulturelle Unterschiede, wirtschaftliche Zusammenhänge oder psychologische Momente erkennen und daraus Lehren ziehen. Wenn also in Geo Südostasien dran ist, lässt sich anhand der Fußballproduktion in Pakistan Kinderarbeit und fairer Handel thematisieren. In den Kick-Kultur-Dialogen, die auf die Unterrichtsfächer zugeschnitten sind, können sich die Kids unter Anleitung von KünstlerInnen kreativ der kulturellen Dimension von Fußball annähern: in Form von Theater, als Filmemacher, als Journalisten. Oder tänzerisch, wie beim bereits erprobten Projekt der Choreografin Aurelia Staub. Zuerst waren die Buben skeptisch, aber nach 4,5 Einheiten haben sie Spaß gehabt, erzählt Schanner.

Dass Körperbeherrschung, wie beim Tanz, eine nützliche Grundlage des Fußballspiels ist, zeigen etwa Ballkünstler aus Brasilien oder Afrika. Für sie ist Tanz integrierter Bestandteil der Lebenskultur, und das sieht man auch auf dem Rasen. Wenn Andi Herzog sinngemäß meint: Ein guter Fußballer braucht nicht tanzen können, so verrät er unfreiwillig viel über die Kultur des heimischen Fußballs. Da kann man sich eigentlich nur wünschen, dass wenigstens in Schulen möglichst viel mit dem Ball getanzt wird

www.vidc.org/fairplay

www.euroschools2008.org

www.fussballverbindet.at/kickkultur