Familienbeihilfe und Finanzamt: Missstände beheben!tun & lassen

Illustration: Thomas Kriebaum

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Herr Felber ist 29 Jahre alt und lebt mit einer Behinderung. Eines Tages ist er nicht mehr krankenversichert, da die ­erhöhte Familienbeihilfe eingestellt wurde. Es gibt ­keine Begründung und auch keine Information. Bei Anrufen beim Finanzamt bekommt die Mutter die Auskunft, dass die Informationen auf FinanzOnline nachzulesen wären. Die Mutter hat bei ­FinanzOnline kein Konto. Nach einigen Telefonaten ohne Information – niemand ist zuständig, niemand weiß, wer die Einstellung veranlasst hat, die Bearbeitung dauert aber Monate – meldet sie sich bei FinanzOnline an. Herr Felber und seine Mutter wenden sich schließlich an die Behindertenanwaltschaft. Als diese inter­veniert, wird innerhalb kurzer Zeit die erhöhte Fami­lienbeihilfe bis 2024 bewilligt.
Vorrangig geht es darum, dass Kinder und Menschen mit Behinderungen mehrere Monate auf die Gewährung der Familienbeihilfe warten. Die Familienbeihilfe als notwendiger Anknüpfungspunkt für Sozialleistungen hat eine große Bedeutung in der Armutsvermeidung. Die Familienbeihilfe ist auch Grundlage für die Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes. Weiters werden etwa hohe verspätete Nachzahlungen des ­Amtes auf den Sozialhilfeanspruch gegengerechnet, was zu existenziellen Krisen von Kindern und ihren Eltern führen kann.
Frau Bahira, alleinerziehend, bezieht Familienbeihilfe für zwei Kinder, für ein Kind erhöhte Familienbeihilfe. Sie hat subsidiären Schutz und muss daher regelmäßig die Verlängerung der Familienbeihilfe beantragen. Sie ist Alleinerzieherin und verdient als Reinigungskraft 1.200 Euro im Monat, die Miete macht 800 Euro aus. Die Familienbeihilfe ist existenziell wichtig für die Kinder. Nach jedem Verlängerungsantrag muss die Familie aber mindestens drei ­Monate warten, bis der Antrag bearbeitet und das Geld überwiesen ist. In dieser Zeit müssen drei Personen von 400 Euro für Lebensmittel, Energie, Kleidung, Schule leben, was ohne die Gefahr der Verschuldung nicht geht.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Antragsbearbeitung zentralisiert wurde. Die vormals geleistete persönliche Unterstützung auf den Wohnsitzfinanzämtern fällt damit weg. Keine Mitarbeiterin der Behörde fühlt sich mehr zuständig und auch Vorreihungen aufgrund von Dringlichkeit gibt es nicht mehr. Viele Beispiele zeigen die Auswirkungen der langen Antragsdauer und auch des Abbaus von Sprechstunden auf den Finanzämtern dramatisch auf. Den Betroffenen, Eltern und Kindern und auch Menschen mit Behinderungen, droht nicht nur der Ausfall wichtiger Geldleistungen, sie leiden unter diesen Rahmenbedingungen so sehr, dass sie resignieren.
Herr Zenker, 50 Jahre alt, mit einer psychischen Krankheit, bezieht unbefristete Invaliditätspension sowie Pflegegeld Stufe 1. Er lebt alleine im Haus der früheren Landwirtschaft seiner Eltern, beide bereits verstorben. Es gibt noch verpachtete Grundstücke, die früher zur Landwirtschaft der Eltern gehörten, darum muss Herr Zenker jährlich eine Steuererklärung für diesen landwirtschaftlichen Betrieb abgeben. Herr Zenker hat seine Steuererklärung in den letzten Jahren immer direkt am Finanzamt gemacht, wo er sie mit Unterstützung der Mitarbeiterin am Schalter ausfüllen konnte. Herr Zenker ist überfordert, den Antrag auszufüllen. Er reagiert darauf zunehmend resigniert, da er nicht weiß, wie er das entsprechende Schriftstück ausfüllen soll. Am zuständigen Finanzamt gibt es keinen offenen Parteienverkehr mehr.