«Feinde»Dichter Innenteil

Die Abenteuer des Herrn Hüseyin (111)

Als Hüseyin aus der Türkei zurück nach Wien kam, freute er sich auf das Leben in Österreich. Wie viele andere österreichische Staatsbürger_innen war er auch besorgt, ob die Türken ihn aus dem Land rauslassen.

Grafik: © Carla Müller

Nicht, dass der Hüseyin für die Türkei so eine wichtige politische Persönlichkeit wäre. Ihnen reichen irgendwelche Postings in den Sozialen Medien, um jemanden laut ihrer Terrorpropaganda einfach aufzuhalten. Daher lassen viele in die Türkei Reisende ihre Telefonapparate in Wien. Hüseyin nahm doch sein österreichisches Handy mit. Als er die Passkontrollen hinter sich hatte, war er ein freier Mensch. Jede_r der/die zur Zeit in die Türkei fährt, hat einfach Angst, man könnte ihn entweder als FETÖ-Anhänger (Fethullahçı Terör Örgütü, zu Deutsch «Fethullahistische Terrororganisation») oder PKK-Anhänger (Arbeiterpartei Kurdistans, kurdisch Partiya Karkerên Kurdistanê) einschätzen. Es kommt auch dazu, dass es immer Ausländer sind, die man für die wirtschaftspolitische Destabilisierung des Landes zur Verantwortung ziehen will. Auch wenn die jetzige Regierung eine sehr religiös-konservative ist, war es doch in der Zeit, als die Kemalisten die Macht hatten, auch nicht besser für Minderheiten und andere Völker. In den Schulen wurden alle Nachbarländer der Türkei als Feinde der Türken dargestellt. Also man lernt: «Der Türke hat außer dem Türken keinen Freund auf dieser Welt.» So wächst jede_r in der Türkei auf. Hüseyin als Kurde ist auch mit solchen Slogans in den Schulen der Türkei unterrichtet worden. Obwohl seine Muttersprache Kurdisch ist. Somit hat er auch gelernt, dass die Bulgaren, Griechen, Perser, Iraker, Georgier und Syrer Feinde der Türken sind. Bis er in Wien ankam, waren diese Menschen potenzielle Feinde der Türken. In Wien hat er mit all diesen «Feinden» aus der türkischen Schulzeit Kontakte. Mit manchen hat er Musik gemacht. Mit manchen ist er für ihre Anliegen auf der Straße marschieren gewesen. Mit diesen «Feinden» ist der Hüseyin befreundet. Öfters treffen sie sich in Lokalen.

Als Hüseyin in Wien ankommt, ist auch Österreich nicht mehr politisch so stabil. Man hat versucht, den österreichischen Geheimdienst zu zerschlagen. Hier sind, auch die höchste Priorität seitens der Regierung «die Ausländer». Was Hüseyin vor fünfzig Jahren in der Türkei in der Schule gelernt hat, wird von der jetzigen Regierung als Regierungsprogramm angewendet. Meistens hört man «Balkanroute, Wirtschaftsflüchtlinge, Einmarsch nach Afrika, Internierungslager, Grenzzäune usw.» Aber wenig ist vom EU-Vorsitzenden Österreich als neutrales Land bezüglich Lösungen der politischen und wirtschaftlichen Probleme zu hören. Statt nur die Grenzen zuzumachen, könnte diese Regierung auch für mehr demokratische Verhältnisse in den Herkunftsländern der Flüchtlinge sorgen. Keine Waffen an die Länder, aus denen die Menschen flüchten müssen. Natürlich, Österreich mit der Türkei zu vergleichen, wäre für den Hüseyin nicht korrekt. Aber er lebt eben fast 40 Jahre in Österreich und möchte seine Meinung kundtun.

Ihr Hüseyin