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«Ich liebe Bücher. Ich mag alles an ihnen. Ich mag das Gefühl des Papiers an meinen Fingerspitzen. Sie sind so leicht, dass man sie mühelos tragen kann, aber die Ideen und Welten darin wiegen schwer.» Mit diesen Sätzen beginnt «Terroristen» – das 13. Kapitel von Nnedi Okorafors Das Buch des Phönix.

Sätze, die natürlich auch für Okorafors Buch gelten. Ein leichter Band, ein Paperback, eine Geschichte im leichtgewichtigen Genre der Science Fiction und Fantasy, die schwere Themen behandelt: Klimawandel, die Macht der Großkonzerne, Genmanipulation, Rassismus und den fortgesetzten Kolonialismus der westlichen Kultur. Das klingt nach zu viel für diese Art von Literatur? Übrigens geht es in Das Buch des Phönix auch um Freundschaft, Bewusstwerdung, Widerstand. Nnedi Okorafor gelingt es, all dies in eine spannende, actionreiche Erzählung einzubinden. Informationsquellen und Inspiration sind der afroamerikanischen Autorin dabei Historie, naturwissenschaftliche Erkenntnisse, Mythologien und populärkulturelle Werke, nicht zuletzt das riesige Universum der Superheld_innen in Film und Comics.

Zur Superheldin entwickelt sich auch die Titelfigur und Ich-Erzählerin des Romans, Phönix, die nicht zufällig so heißt wie der mythische unsterbliche Vogel. Sie ist ein «Exemplar», ein durch genetische Manipulation entstandenes menschliches Wesen mit besonderen Eigenschaften, die sie selbst fast zufällig entdeckt. Gemeinsam mit anderen «Exemplaren» wie ihrem Freund Mmuo, der durch Wände gehen kann, und ihrem Geliebten Saeed wird sie in einem Turm (fest)gehalten, wo sie «zu wissenschaftlichen Zwecken» getestet, beobachtet, gequält werden. Sie kann diesem Gefängnis entkommen und wird in Folge in den Augen anderer zur Heldin, zur Terroristin, zur Rächerin, zur Furie, zur grausamen Göttin. Nnedi Okorafor erzählt nicht zuletzt auch davon, wie scheinbar blinde Zerstörungswut entsteht. Es hat mit der Frage zu tun, wie viel Leid, Demütigung, Verlust Menschen ertragen können: viel, sehr viel, aber nicht unendlich viel. 

Nnedi Okorafor: Das Buch des Phönix

Übersetzung: Claudia Kern

Cross Cult 2017

400 Seiten, 18,50 Euro

E-Book: 10,99 Euro