Fluten im Kopftun & lassen

Sachbuch: Wie Image und Images vom Betteln entstehen

«Bettelwesen», das ist beinahe gleichbedeutend mit «Unwesen». Was schon rein

sprachakrobatisch interessant ist, ist doch das «Wesen» beispielsweise im Wort «Bankwesen» durchaus positiv – oder zumindest neutral – besetzt. Wie kommt es zu solchen Wortkonstruktionen?

Und wie machen sie ihren Weg durch die Medien und die Politik in den alltäglichen Sprachgebrauch? Wo entsteht die «Flut» im widerlichen Vokabel «Bettlerflut»? In Osteuropa? Oder im Kopf? Was lange ausständig war, ist nun getan: Das von Stereotypen überquellende Reden übers Betteln in Zusammenhang mit Migration wurde Stück für Stück auseinandergenommen. In Buchform. Das Wissenschaftler_innentrio Stefan Benedik, Barbara Tiefenbacher und Heidrun Zettelbauer hat bei Drava eine Studie vorgelegt, die jene Bilder benennt und interpretiert, die in der politischen und medialen Landschaft vom Betteln und «den Bettler_innen» geschaffen werden. Das tun sie am Beispiel der Steiermark – wo das Bettelverbot früh umgesetzt wurde, aber auch die Lobby dagegen ganz gut aufgestellt ist. Und sie stoßen dabei, wenig überraschend, nicht nur auf Erfreuliches. Nebst der Analyse des medialen und politischen Diskurses, der in der Steiermark rund ums «Bettelverbot» stattfindet, führen die Autor_innen Interviews mit Leuten, die als Einkommensquelle (unter anderem) betteln, um damit die gängigen Bilder zu überprüfen. Was heißt «organisiert»? Wie kommt eine Fahrgemeinschaft zustande, und bezeichnet sie bereits ökonomische Abhängigkeit? Wie viele Arbeitsstunden gilt es zu betteln, um zu einem erträglichen Einkommen zu gelangen? Was für Gründe gibt es, das eingenommene Geld einer anderen Bettlerin weiterzugeben? (Dass sie die ausbeutende Chefin ist? Oder dass eine für alle das Mittagessen kaufen geht?). Und hängt der Bettler_innenhass vielleicht auch mit Rassismus zusammen? Man lese es nach. Vielleicht ein bisschen gar zu wissenschaftlich formuliert ist es, das Büchlein, um die, die da trefflichst analysiert werden, auch einzuladen, diese Analyse zu lesen; dafür kein Wälzer, was die Hemmschwelle wieder runterschraubt; und inhaltlich aufwendig gestaltet – mit englisch-und ungarischsprachiger Zusammenfassung.

Eine gute Nachricht während der Produktion des Buches: Im Jänner 2013 wurde das generelle Bettelverbot in der Steiermark vom Verfassungsgerichtshof

aufgehoben. Ein Bettler_innen-Sekkierverbot steht noch aus.

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