Frau Gschistibohavitschek: Die warten gar nicht auf michtun & lassen

Vor einiger Zeit habe ich mich hinreißen lassen und mich für die Teilnahme an einer Gruppendiskussion bei einem Marktforschungsinstitut beworben. Zwei Stunden Debatte unter Gleichgesinnten zu einem bestimmten Thema, geleitet von einer Expertin, mit Knabberzeug und Aufwandsentschädigung.Um es vorwegzunehmen: Ich wurde noch nie eingeladen. Aber ich bekomme regelmäßig Zuschriften von MAKAM, so heißen die Wissenwoller_innen. Der Text lässt mich jedes Mal glauben: Die Damen und Herren dort warten genau auf mich. Nur ein kurzer Online-Fragebogen sei auszufüllen, dann gehe es schon zur Terminvereinbarung.

So kurz sind die Fragebögen aber gar nicht. Gleich zu Beginn geht es zu den demografischen Daten: Wohnort, Alter, Ausbildung, Berufstätigkeit. Dann kommen die Fragen zum Thema, zum Schluss die Termine. Das bedeutet in aller Klarheit: Bevor ich etwas zum Thema sagen kann, sind meine Daten schon abgefragt. Und bevor ich weiß, ob die Termine für mich passen, habe ich bereits meinen Senf zum Thema abgegeben.

Letztens beispielsweise zum Wahlverhalten. Welche der angegebenen Parteien halte ich für grundsätzlich wählbar und welche würde ich, wäre der nächste Sonntag ein Wahlsonntag, wählen. Ein anderes Mal ging es um das Radiohörverhalten. Da wollte der Fragebogen von mir wissen, welche Sender ich kenne, welche ich höre, wie oft und mit welchem Gerät. Es ging auch schon um das Zusammenleben in Wien oder ums Wohnen.

Die engagierte Ausfüllerin könnte sich jetzt denken: Das brauchen die Marktforscher_innen für die Vorauswahl, damit sie auch tatsächlich die richtigen Teilnehmer_innen für jede Sitzung zusammenspannen. Ich glaube das eher nicht. Weil ich in meiner Jugend nämlich auch bei einem Marktforschungsinstitut gejobbt habe. Allerdings nicht nur als Anwerberin (auf der Straße stehen und Passant_innen ansprechen, ob sie wohl das neueste Bier, Joghurt, Tassensupperl testen wollen) oder Befragerin (das neueste Bier, Joghurt, Tassensupperl in mindestens drei Varianten vorsetzen und mit dem Fragebogen lauern). Sondern auch im Marketing. Einen nicht unerheblichen Umsatz erwirtschaften die Meinungsforschungsinstitute mit Kurzumfragen, bei denen kurzfristig von einer großen Stichprobe, also vielen Menschen, eine oder zwei Fragen beantwortet und die Antworten interpretiert werden. Wie zum Beispiel zum Wahlverhalten. MAKAM braucht mich überhaupt nicht für eine Gruppendiskussion. Weil ich ihnen die wertvollen Informationen bereits kostenlos und unkompliziert überlassen habe.

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