Fruchtbarer Boden für «Investorenarchitektur»vorstadt

«Wiener Abreißkalender» dokumentiert Umgang mit historischer Bausubstanz

Er stehe dazu, dass ihm moderne Architektur in der Regel nicht gefalle, Ausnahmen bilden etwa das Berghotel Ještěd (Architekt Karel Hubáček, Anm.) bei Liberec in Nordböhmen oder der BMW-Turm in München des österreichischen Architekten Karl Schwanzer.Auffallend ist bei diesen zwei genannten Beispielen, dass sie im selben Jahr, nämlich 1973, fertiggestellt worden sind, und dass beide Gebäude im weitesten Sinne als Turmbauten betrachtet werden können.

Dieter Klein, der auch als «Modernisierungsverweigerer» interpretiert wird, macht seit 30 Jahren den «Wiener Abreißkalender» und seit rund 25 Jahren ein Münchener Pendant, wobei letzterer viel schwieriger mit Inhalten zu füllen sei, weil in München weniger historische Bausubstanz zerstört werde. Klein stellt in seinen Kalendern Fotos von Neubauten (historische) Aufnahmen der Gebäude, die für die Neubauten weichen mussten, gegenüber, bzw. zeigt vom Abriss bedrohte Gebäude, wie jenes mit der Anschrift Hetzgasse 8 im dritten Gemeindebezirk (über dieses Haus berichtete bereits der Augustin in der Nr. 399).

Der Kunsthistoriker Dieter Klein ist dann «Modernisierungsverweigerer», wenn die Motive für Modernisierung im Finanziellen zu finden sind. So schreibt er auch auf seiner Website: «Eine bessere Bezeichnung für die Wiener Neubauten wäre ‹Investorenarchitektur›, die das Stadtbild zwar massiv, aber nicht unbedingt zum Vorteil verändert.» Er weist auch auf den euphemistischen Gebrauch des Begriffs der «Immobilienentwicklung» hin, denn früher hätte man schlicht von «Immobilienspekulation» gesprochen. In diesem Sinne sei er auch für eine «Käseglocke über schützenswerte Gebäude, da diese die Heuschrecken fernhält».

So hätte etwa das ehemalige Gasthaus «Zum Walfisch» im Prater eine schützende Glocke gebraucht, um nicht zum «Alpendorf» zu werden, wie das Kalenderblatt für den April 2016 zeigt. Oder noch extremer der Gegensatz auf dem Kalenderbeispiel aus der Brünner Straße: Das Haus Nr. 16 wurde zum kleinen Einkaufscenter mit Parkdeck entwickelt und die Jugendstilfassade des Nachbarhauses erhielt eine schicke Verkleidung. Behutsame Erneuerung, oder?

«Wiener Abreißkalender 2016»

Isar Media Verlag

ISBN 978-3-945957-00-4

Preis: € 13,50

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