In der allgemeinen Krise ist alles ohnehin schon in Krise Befindliche in noch prekärerer Lage. Wer hat denn da noch Lust und Muße und die Nerven experimentelle Gedichte zu lesen? Ausgerechnet jetzt einen Lyrikverlag zu gründen ist verwegen, verstiegen und trotzdem vernünftig. fürth ohne th heißt der neue Verlag – gegründet, «um sich der – wie man sagt – totgesagten Lyrik zu verschreiben und damit ein (vielleicht) sinnloses Wagnis jenseits des Profitdenkens einzugehen», schreibt der Verlagsgründer. Das Verlagsprogramm umfasst bisher je ein Buch von Daniel Böswirth und Amos Rüf. Bestellungen bei Thomas Fürth, Wasnergasse 19/33, 1200 Wien.
Amos Rüf:
das maul log leere, grüne pein. oben der wald nährte
lärm. wogegen das pendel übel dornen haute, lea irr
wurde, aallang. hüte spien norden oder gelbe ärmel,
pluderhosen waren die mode, gräten lagen überall.
Aus: dame erna mag gicht, acht eigramm gnade Anagrammgedichte von Amos Rüf
Verlag: fürth ohne th, 2023
Ausgangsmaterial für die Anagramme sind Textzeilen von Dominik Steiger (kursiv gedruckt am Ende der jeweiligen Gedichte).
Daniel Böswirth:
zarjewitsch zar zeckowitsch
zarjewitsch, mein kleiner
zarjewitsch zeck zeckowitsch
’s bin ich, ist meiner
bin zar, könig
und was für einer
schwinge fein mein rechtes bein
gar zierlich zu’nem tänzlein einganz insgeheim, verliebt ich sein
in euer mark und bein
ein zeckenzar, fürwahr, fürwahr
der liebt bizarr, bizarr
ob ich’s soll? ob mir es steht
zarzeckenküßchens schnell verweht
und legt ihr euch nieder dann
werden euch die glieder lahm
ein zeckenzar, fürwahr, fürwahr
der liebt bizarr, bizarr
Aus: von den bösen viechern, Gedichte von Daniel Böswirth
Verlag: fürth ohne th, 2023
Lesungen:
25. Mai, 19.30 Uhr, Erlkönig, 8., Strozzigasse 19
9. Juni, 20 Uhr, Celeste, 5., Hamburgerstraße 18
Daniel Böswirth liest seine eigenen Gedichte. Die Gedichte von Amos Rüf werden von Christian Reiner gelesen. Im Celeste mit Geräuschen, Klängen und Tönen von Stivie Vukics und Gilbert Medwed.