Gar nicht so abgefuckte EnergieArtistin

Musikarbeiter unterwegs … in Simmering, somehow softcorig

Eierschneider ist der Titel einer auf Kassette erschienenen EP, ein knappes, unmittelbares Statement der 2011 gegründeten Band Kometa.

TEXT: RAINER KRISPEL
FOTO: MARIO LANG

«How will I make it this morning, can I make it through this day», heißt es in Deepwater Horizon, einem von vier Songs auf dem Tape. Wer kein passendes Abspielgerät mehr im Haushalt hat – die digitale Welt weiß Rat! Auf Bandcamp sind No Means No, Abgefuckte Energie, Eierschneider und der zitierte Song zu hören, bei Interesse und/oder Gefallen käuflich zu erwerben, ebenso ist andere Kometa-Musik ebendort zu entdecken. Eierschneider, verlegt auf eigenem Label No Expectations Records, ruft dem Musikarbeiter, wieder einmal, in Erinnerung, was für geile Tonträger – unaufwändig, (relativ) schnell zu machen, trotzdem gehaltvoll – Tapes sein können und welchen Stellenwert sie in der Hardcore- und anderen D.I.Y.-(Sub-)(Musik-)Kulturen hatten und immer wieder haben. Wir müssen ja nicht gleich das überlebensgroße Tape der Bad Brains bemühen! Wobei dies mit dem Songtitel No Means No natürlich assoziative Brücke hin zur Hardcore­-Kultur sein darf, die für das Quartett definitiv ein Bezugsrahmen ist. Beileibe nicht der einzige, wobei Kometa nicht wie eine konventionelle Hardcore-Band klingen oder klingen wollen. «Softcore» wurden sie genannt, sie selbst schreiben «rock/post/punk combo», und bevor wir uns damit beschäftigen, was sie sind, erzählen wir doch einmal, wer sie sind: Jakob Falkinger (Gitarre, Stimme), Michael Poigner (Gitarre), Lisa Graber (Bass, Stimme) und Jakob Puttinger (Schlagzeug). Beim Nacherzählen der Bandgeschichte in ihrem Proberaum unweit der Szene Wien (das war einmal eine wichtige Hütte für Musik in dieser Stadt, vor vielen Jahren!) in Simmering, in dem jeden Montag Kometa an ihrer Musik arbeiten, ihre Musik (er)spielen, sagt Lisa den schönen Satz: «Ich bin die einzige Nicht-Philosophin in der Band.»

Zu verwischen die Spuren im Schnee.

Was darauf hinweist, dass Kometa ihren Anfang fanden, als Jakob und Michael sich beim Philosophie-Studium in Wien kennenlernten. Verwurzelt in Ober­österreich (Jakob) und Wiener Neustadt (Michael), wo sie auch Musik machten, zwischen Hardcore im Mühlviertel und musikalischer Prägung aus dem Metal-Eck und Garagenrock bei Michael. Gespräche über Musik im Votivpark mit Bierbegleitung führten zum Musikmachen, mit Lisa waren Kometa bald ein Trio, bis nach der konzertanten Aufführung ersten Materials in Anwesenheit von Jakob – ebenfalls ein Student der Philosophie! – dieser als Drummer einstieg. Ursprünglich als «poppiges» Projekt in Richtung The xx (eine britische Band) besprochen, veränderte sich die Musik beim Zusammen-Spielen und fand ihre eigene Form, und, ja, Postrock wäre wohl die treffendste Beschreibung, eine schichten- und facettenreiche, mal laut-heftige, mal sanft-zarte Musik, mit vielen Zwischenstufen und Übergängen. Samt Texten und bewusstem Agieren in D.I.Y.-Zusammenhängen, Ausdruck der Wichtigkeit der Band für die Musiker_innen selbst, gut aufgehoben dort, wo Musik eben mehr ist als begleitende Lebensbehübschung.

Petty Pretty Boom.

Wobei Eierschneider, nach der Arbeit am ersten Album der Band, dessen Erscheinen durch diverse Komplikationen, wie nicht zuletzt diese vermaledeite Pandemie, die zunehmende Schwierigkeit für kleine Labels ihre Platten in normalen Zeiträumen gepresst zu bekommen und den Versuch ein solches Tonträger-Erscheinen mit Konzerten zu verbinden, quasi der Haupt-Vertriebsort für solche Releases, nach 2022 gewandert ist, für Kometa selbst für eine doch ein wenig andere Arbeitsweise steht. Dafür als Band große Unmittelbarkeit zu praktizieren: schreiben, aufnehmen (gemischt hat Bandfreund Thomas «Bulti» Mayr), kleine Auflage – und raus. Dabei als inhaltliche Klammer in den lesens- und hörenswerten Lyrics der satirische Umgang mit der Absurdität in einer patriarchalischen und kapitalistischen Gesellschaft zu leben, zumal unter den erschwerten Umständen durch Corona. Dadurch hat Eierschneider einen Punch, eine Stimmigkeit, die einen gut erwischt und natürlich neugierig auf das Album macht, das ganz andere Seiten der Band zeigen wird, einer Band, der ihre Musik und die Beschäftigung damit sehr viel wert ist, dazu passt die Geschichte, dass sie am 2. 11. 2020, dem Tag des Terror-Anschlags, im Proberaum waren, Jakob und Michael in Folge die Nacht dort verbrachten. 

Kometa: Eierschneider
(No Expectation Records)
www.kometamusic.bandcamp.com
www.kometa.at