Gedruckt, gesendet, gepickttun & lassen

Chefredakteure an der kurzen Leine – Aspekte der Raiffeisen-Dominanz (Teil 3)

Als Friedrich Wilhelm Raiffeisen 1862 im deutschen Anhausen die erste Darlehenskasse im Rahmen seiner Selbsthilfe-Idee für arme Bauern gründete, konnte er nicht ahnen, dass rund 150 Jahre später die Agrarsache nur ein Teil der Raiffeisen-Organisation sein sollte. Lutz Holzinger und Clemens Staudinger haben für die Augustin-Serie über die mächtigste «Seilschaft» des Staates recherchiert.Ein wesentlicher Teil der geballten Raiffeisenmacht in Österreich sind heute diverse Medienbeteiligungen. Damit wird Meinung unter die Menschen gebracht und ordentlich Geld verdient. Aktuelles Beispiel: die Bundesregierung beschließt eine Bankensteuer der Chef der RZB, Walter Rothensteiner, meint, die Kunden hätten diese Steuer zu begleichen. Die hauseigene Tageszeitung «Kurier» dient als brauchbares Organ und berichtet am 8. November 2010 im Sinne Rothensteiners: «Die Bankensteuer wird auf alle Fälle in der einen oder anderen Form höhere Kosten für die Kunden bringen.»

Hier betrachten wir nur einen Teil des Kuchens, stellvertretend für weitere Aktivitäten des stillen Riesen: die Medienaktivitäten der Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien. Kurz gesagt: Für die Capos genügt ein Anruf und Neuigkeiten, Positionen oder Antworten lassen sich unkompliziert über das gesamte Bundesgebiet streuen. Nicht als Inserent, sondern als Dienstgeber von Chefredakteuren, Herausgebern und Redakteuren. Siehe Beispiel Bankensteuer.

Da wäre eine fette Beteiligung an der KURIER Beteiligungs AG. Gemeinsam mit der RZB und der UNIQA steht eine Mehrheitsbeteiligung in den Büchern. Raiffeisen selbst sagt klipp und klar, dass es nicht nur ums Geldverdienen geht: «Für die Raiffeisengruppe geht es bei diesen Engagements darum, die österreichische Herausgeberschaft sowie die Titel- und Meinungsvielfalt zu sichern.» Und weiter betreffend den «Kurier»: «Die Kompetenz für Blattlinie und Herausgeberschaft liegt ausschließlich im Bereich der österreichischen Eigentümer.» (www.raiffeisen.at). Nun ist es nichts Ungewöhnliches in unserem Wirtschaftssystem, dass ein Eigentümer eines Mediums in großen Zügen sagt, wo es lang geht. Das Besondere an der Raiffeisenmannschaft ist, dass sie sehr dezent vom Hintergrund aus agiert.

Über zwischengeschaltete Gesellschaften ist die Kurier Zeitungsverlag und Druckerei GmbH an der News-Gruppe mit Titeln wie «News», «profil» «Format» oder «trend» beteiligt. Frage an die gelernten Österreicher: Warum erscheinen in Medien, die über Umwege der Raiffeisengruppe zugeordnet werden können, kaum Raiffeisen-kritische Texte? Eben.

Raiffeisen kann nicht nur gelesen werden, es gibt die Giebelkreuzler auch zum Schauen: SAT1 Österreich flimmert mit Raiffeisenbeteiligung über die Fernseher. Die Medicur Holding GmbH, eine Raiffeisentocher, ist zu 33,24% an der SAT1 Privatrundfunk und Programmgesellschaft m.b.H. beteiligt. Spärlich aber doch: auch auf Privatsendern laufen Nachrichtensendungen. Wird beispielsweise irgendwo über das harte Los der subventionsbeziehenden Gutsbesitzer debattiert, darf davon ausgegangen werden, dass die Medienagenten Marke Giebelkreuz dafür sorgen, dass entsprechende Positionen verlautbart und verbreitet werden. Weiters wird mitgemischt bei der APA Austria Presse reg. Gen.m.b.H., bei «Mediaprint» und beim KRONE Hit Radio.

Wer glaubt, der ORF käme ohne Raiffeisen aus, der irrt. Raiffeisen ist über die Medicur an der ORS, Österreichische Rundfunksender GmbH & Co KG, beteiligt. 40% der Gesellschaft, die von über 500 Sendeplätzen aus die Funkwellen in den Äther schickt, sind im Eigentum der «Bauern-Selbsthilfe-Organisation».

Auch auf der Gasse gibt es kein Entrinnen: Die EPAMEDIA pickt für das geneigte Publikum Plakate. Eigentümer ist zu 100% die bereits erwähnte Medicur Holding GmbH, die wiederum zu 50% der Raiffeisenholding NÖ-Wien, zu 25% der UNIQA und zu 25% der RZB AG gehört. Derzeit ist bei der EPAMEDIA die vormalige ORF Chefin Monika Lindner Geschäftsführerin. Die Plakataktion läuft in großem Stil: Insgesamt ist die EPAMEDIA mit Tochterfirmen in zehn Ländern tätig. Ein wesentliches Medium in Niederösterreich ist die NÖN (Niederösterreichische Nachrichten). Auch hier geht nichts ohne die Raiffeisen Holding NÖ-Wien.

Der guten Ordnung halber: Die hier exemplarisch angeführten Medien Unternehmen sind lediglich ein Teil des Engagements der Raiffeisen Holding NÖ-Wien, so wie diese nur ein Teil der gesamten österreichischen Raiffeisen-Gruppe ist. Ansonsten beschäftigt sich die Raiffeisen Holding NÖ-Wien mit den Sparten Allfinanz, Industrie, Dienstleistungen und Immoblien.

Der guten Ordnung halber: Die Raiffeisen-Gruppe muss nicht unbedingt als Eigentümer agieren, um Macht auszuüben. Manchmal genügt auch die Finanzierung von Medienprojekten und es ist möglich als Kreditgeber befriedigenden Einfluss wahrnehmen zu können. Der Gründer und Herausgeber einer Boulevard-Zeitung, die zu einem großen Teil verschenkt wird, könnte hiezu Auskunft geben.

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