Polizei und Magistratsmitarbeiter_innen veranstalteten zu Ostern wieder eine «Aktion scharf» gegen Bettler_innen in Wien. «Ziel der behördenübergreifenden Aktionen war es, durch sofortiges Abstrafen wirkungsvoll und nachhaltig gegen das vermeintlich organisierte Betteln vorzugehen», schreibt dazu die Magistratsdirektion Wien in ihrer Presseaussendung.
Betroffene berichten der BettelLobby, dass sie von Zivilbeamt_innen zu einem Bus gebracht und dort Strafen für Betteln oder Musizieren ausgehändigt bekommen hätten. «Wenn die Touristensaison beginnt, wird verstärkt kontrolliert», erklärt dazu der Pressesprecher der Magistratsdirektion Horst Lassnig. «Denn dann sind vermehrt Menschen in Wien, und es soll sich niemand gestört fühlen.» Es würde aber in erster Linie im Sinne des Gesetzes gehandelt, betont Lassnig.
Dass die Strafverfügungen oft nicht im Sinne des Gesetzes ausgestellt werden, erlebt die BettelLobby indes tagtäglich. Von den weit über hundert Strafverfügungen, die sie in den letzten Jahren beeinsprucht hat, wurden rund 80 Prozent vom Verwaltungsgericht Wien aufgehoben. Viele Bettler_innen verstehen auch nicht, warum sie bestraft wurden. Die persönlichen Gespräche mit Betroffenen in der Rechtsberatung machen deutlich, dass das Abstrafen die soziale Situation noch verschärft. Anstatt Armut nachhaltig zu bekämpfen, werden Arme abgestraft.
«Die Polizei muss immer wieder daran erinnert werden, dass stilles Betteln erlaubt ist», meint Birgit Hebein, Sozialsprecherin der Grünen. Und überhaupt: «Betteln ist ein soziales, kein sicherheitspolitisches Thema.» Eine Ansicht, die die Magistratsdirektion so anscheinend nicht teilt. Mit dem Ausdruck «vermeintlich organisiert» in ihrer Presseaussendung soll den Bettler_innen ganz offensichtlich die Armut abgesprochen und auf den «Bettelbandenmythos» angespielt werden. Horst Lassnig kann diesen Eindruck auch nicht wirklich entkräften. «Wie Sie wissen, sind das keine armen Leute, offensichtlich handelt es sich um organisierte Gruppen.» Was «organisiert» heißt und welche Indizien es dafür gebe, müsse man aber schon bei der Polizei erfragen.
Ulli Gladik
BettelLobbyWien