Geht´s mich was an: Das unendliche Staatsbürgerschaftsverfahrentun & lassen

Herr G. ist in den 1990ern aus Afghanistan geflohen – im Land haben sich die Clans bekriegt und Staatsbedienstete der vorherigen Regierung waren per se verdächtig. Die erste Behörde, mit der er zu tun hatte, hat die Situation verstanden und Asyl gewährt.

Mitgekommen ist die Kernfamilie, Frau und Kinder. Der jüngste Sohn wurde in Österreich geboren. Das Leben hatte noch eine Prüfung parat: Die Gattin verstarb unerwartet, übrig blieb ein Alleinerzieher mit 6 Kindern, davon einem Kleinkind. Herr G. hat es dennoch geschafft, neben dem Job die Kinder großgezogen, sich in NGOs engagiert und irgendwann Zeit gefunden, viel Papier für den Staatsbürgerschaftsantrag zusammenzutragen, leider nach 2006.

Jetzt stand der Gesetzgeber im Weg: Mindesteinkommen drei Jahre hindurch war gefragt, und das nicht zu knapp. Die Staatsbürgerschaftsbehörde hat mit dem Rat abgelehnt, «Kommen Sie wieder, wenn Sie genug verdienen». Leicht gesagt, aber das Studium aus Afghanistan war hier nicht nutzbar, die Kinder in der Schule, dennoch war Resignation nicht angesagt.

Die älteren Kinder wurden volljährig und hatten ein eigenes Einkommen, haben die Wohnung mitbezahlt. Also ein neuer Antrag nach der etwas liberaleren Rechtslage aus 2011. Das neue Berechnungsschema ist überkompliziert, die Behörde braucht drei Jahre und verrechnet sich – zu Ungunsten des Antragstellers. Kein Wunder, das amtsinterne Schema ist eine Excel-Datei mit etlichen Tabellenblättern.

Mit Unterstützung erklärt Herr G. das Ganze, und ja, das geht auf einem einzigen Tabellenblatt. Die Behörde verfällt in Schockstarre und tut gar nichts mehr. Es folgt die Säumnisbeschwerde, und das Landesverwaltungsgericht versteht, schafft die ganzen Abfragen in sinnvoller Zeit, seit Herbst ist Herr G. Österreicher. Der jüngste Sohn war noch minderjährig und konnte deshalb gleichzeitig Staatsbürger werden. Für fünf junge Erwachsene beginnt der Behördenmarathon von neuem.

Peter Marhold, Helping Hands

www.helpinghands.at