Mit steigender Technologie sind Scheinwerfer nicht funktionaler geworden. Doch in einem Cyber-Blackout würde das Licht der Scheinwerfer nicht nur Schiffen und der Besatzung den sicheren Weg zeigen, sondern sie würden auch ein gelassenes Sicherheitsgefühl denjenigen bieten, die nicht auf Wasser sind. Sowohl für die einen als für die anderen bildet das projizierte Licht ein Ort – ein Ort, der einen wissen lässt, wo wir sind und wohin wir gehen.
In dunklen Zeiten der Geschichte der Menschheit hat es Leuchttürme gegeben, einige tragen Namen, andere werden von Anonymen gebaut, andere sind in Aufruhr, haben Revolutionen, Lieder, Gedichte zum Ausdruck gebracht. Einige waren von großmütiger Größe und andere sind einfache Gesten. (Die Menschen, die Geflüchtete mit dem Auto über die Grenze bringen oder der Nachbar aus Afghanistan, der dem Iraker hilft oder die Wienerin, die einer Obdachlosen mit einem Meldezettel hilft.)
Ich denke an „Roma, città aperta“ von Rossellini. Wie viele Filme dieser Ära stellt sie eine krasse Geschichte dar, spiegelt eine bestimmte Zeit wieder. Ein verwüstender und verheerender Film, wie die zerstörte Stadt, wo er gedreht wurde. Die meisten Charaktere überschreiten die Kraft ihrer Geschichten, weil sie normale erwachsene Menschen sind, die zusammen gegen oder für Gewalt kämpfen. Und die Kinder, eine Gruppe von Partisanen, die nicht mehr als einen Meter hoch und zehn Jahren alt sind.
Rossellini beendet den Film mit ihnen: zusammen und auseinandergerissen, weil sie Zeuge der Hinrichtung des Pfarrers waren. In dieser letzten Szene nimmt man plötzlich etwas wahr: im Laufe des Films war die Unschuld abwesend. Niemand war unschuldig und niemand bleibt unschuldig. Unschuldig nicht in dem etymologischen Sinn des Wortes, der mit Schuld verbunden ist, sondern in dem Sinne, nicht sehen zu wollen, was rundherum passiert. Für Rossellini konnte selbst ein Kind sehen, was los war. Sehen heißt nicht nur Objekte zu unterscheiden und Konturen gegeneinander abzugrenzen; sehen heißt auch verstehen, verstehen wollen und entscheiden. Und das ist es, was in dieser letzten Szene dargestellt wird: Die Kinder verstehen, was nicht sein soll, was nicht geschehen dürfte, wofür man Widerstand leisten soll.
Es ist nie so dunkel, wie wenn es niemand tut: Fremde unterstützen, für Freiheit aufstehen, widerständig sein.
Jenny Olaya-Peickner / LEFÖ – Beratung, Bildung und Begleitung für Migrantinnen