Geknüpft statt gerauchtvorstadt

Gerd Haanl ist Chef-Tüftler im Familienunternehmen, das seit 1889 in Wien Seilprodukte herstellt [Foto: (c) Susi Mayer]

Wiener Berufung: Seilmacher Gerd Haanl

Gerade entsteht in der Werkshalle des Seilherstellers Haanl ein Kunstwerk, das an der Raxseilbahn installiert werden soll. Zwei große Durchgangsbögen, von rotem Seil umwickelt. Im Nebenraum liegen aufwendig geflochtene Naturseile in Bögen an einer Wand – Kletterseile für den Einsatz in Turnsälen. «Da sind Knoten drin, die in Österreich und Deutschland keiner mehr macht», sagt Gerd Haanl, Seilermeister und technischer Entwickler der Seilerei Haanl in Floridsdorf. «Wir arbeiten noch mit uralten Maschinen, wo händisch gedreht und eingeflochten wird.» Dieses Wissen könnte mit Gerd Haanl einmal in Pension gehen. 1889 von seinem Urgroßvater gegründet, kämpft die Seilerei mit Fachkräftemangel in der Nachfolge. Denn bei Haanl können Mitarbeiter:innen nur angelernt werden. Eine richtige Ausbildung zum Seilermeister gibt es in Österreich nicht mehr.
Die Spezialisierung hat sich in den letzten 60 Jahren des Bestehens drastisch geändert. Von Seilen für die Landwirtschaft sattelte man bei Haanl mit der Zeit auf Spielplatzausstattung um: Korbschaukeln, Kletternetze, Seilbrücken. Alles aus Handarbeit. Eine ganze Woche ist einer von Haanls zwölf Angestellten beschäftigt, um drei Meter des zurzeit bearbeiteten «Murmeltierkrabbeltunnels» zu knüpfen und zu flechten. Auch die verwendeten Materialien sind nicht mehr dieselben wie früher. Haanl bleibt großer Fan von Naturfasern, aber statt hochwertigem Hanf wird seit Jahren Flachsleinen angeliefert, das einen hohen Holzanteil hat. «Echter Hanf wird schon noch angebaut», sagt Haanl, «aber der wird wohl eher für etwas anderes verwendet, wenn Sie mich fragen.»

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