Gemeinsam wie die Industrietun & lassen

Energiekosten-Stopp möchte individuelle Kosten für Strom- und Gas senken

Energiearmut bezeichnet in erster Linie die ökonomische Unmöglichkeit, die Wohnung warm zu halten. Dass diese Art der Armut kein Randphänomen ist, bedingen die stetig steigenden Energiepreise. Der «Verein für Konsumenteninformation» will Einzelhaushalte – nur für die Preisverhandlungen – zu einer Großkundschaft zusammenschließen und damit erreichen, dass individuell Kosten gespart werden. Im aktuellen AUGUSTIN befragten wir Franz Floss, Geschäftsführer des VKI, zum bisherigen Verlauf und seinen Erwartungen.

Die Gas- und Strommarkt wurde 1996 in der EU liberalisiert. Der Wettbewerb in Österreich ist bescheiden geblieben, der größte Anbieter ist derzeit der «Verbund» mit 40 Prozent Marktanteil. Die Landesenergiegesellschaften «TIWAG» (Tirol) und «EVN» (Niederösterreich) sowie die «Wiener Stadtwerke» (zu denen der Energieversorger Wien Energie gehört) halten gemeinsam mehr als 25 Prozent der «Verbund»-Aktien und sind gleichzeitig seine größten Konkurrent_innen.

 

Die staatliche Regulierungsbehörde «E-Control» versucht fast verzweifelt, den Markt anzukurbeln und empfiehlt den Kund_innen zumeist, Anbieter_innen zu wechseln, offensiv Werbung für den Wechsel macht aber nur der «Verbund». Dabei wird selten erwähnt, dass die Preise auch innerhalb der Anbieter_innen sehr stark variieren. Industriebetriebe, die viel Energie verbrauchen, zahlen im Schnitt zwölf Cent für eine Kilowattstunde, Einzelhaushalte zwanzig Cent, also 70 Prozent mehr!

Dieser eklatante Unterschied trägt entscheidend auch zu Energiearmut bei. 2012 konnten in Österreich 313.000 Menschen ihre Wohnung nicht angemessen warm halten. Der «Verein für Konsumenteninformation» (VKI) will diesen Unterschied mit der einfachen Formel «Gemeinsam sind wir Großkunde» verkleinern. «Gemeinsam weniger zahlen» ist das Motto von www.energiekosten-stop.at. Anmeldeschluss ist der 16. Dezember. Der Augustin befragte Franz Floss, Geschäftsführer des VKI, zum bisherigen Verlauf und seinen Erwartungen.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen?

Erstens: Die Großabnehmer von Energie zahlen einen eklatant geringeren Preis als die einzelnen Haushalte, und zwar bei allen Energieanbietern. Und zweitens gibt es internationale Vorbilder. In Großbritannien, den Niederlanden, Belgien und Portugal wurde die Aktion schon erfolgreich umgesetzt.

Wie kann ich bei der Aktion mitmachen?

Auf unserer Homepage gibt es ein sehr einfaches Anmeldesystem, in zwei Minuten ist alles erledigt. Mehr als 130.000 Haushalte haben das schon gemacht, das ist viel mehr, als wir erwartet haben. Dann hat man nicht mehr viel zu tun. Am 17. Dezember findet von 9 bis 14 Uhr die Versteigerung unter den Anbietern statt, die jeweils ein Angebot für Ökostrom, Strom, Gas und Strom/Gas-Kombination legen. Das jeweils beste Angebot gewinnt.

Die Teilnehmenden bekomme dann ein E-Mail mit der Information, welcher Anbieter in welcher Kategorie gewonnen hat – und können sich individuell entscheiden, ob sie wechseln möchten.

Was ist mit Personen, die keinen Internetzugang haben?

Das ist ein Problem, vor allem, weil in dieser Gruppe viele ärmere Menschen sind, für die niedrigere Energiekosten sehr wichtig wären. Wir haben eine telefonische Hotline, bei der wir Hilfe bei der Registrierung anbieten.

Wer organisiert das Ganze?

Eine kleine niederländische Firma, PrizeWize. Sie hat die Software entwickelt und macht auf eigenes Risiko die gesamte Abwicklung. Sie kriegt vom Auktionsgewinner pro Abschluss eine Provision von 30 Euro. Ein Vertrag mit PrizeWize oder dem VKI entsteht für die Kund_innen nicht.

Glauben Sie, dass viele Energieanbieter_innen bei der Versteigerung mitmachen werden?

Vierzehn haben sich ursprünglich angemeldet, vier weitere sind mittlerweile dazugekommen. Wir haben sehr strikte Vorgaben: Die Verträge dürfen höchstens ein Jahr verbindlich sein, der ausgehandelte Preis muss für die Vertragsdauer garantiert sein, die Lieferung muss garantiert sein. Wir erwarten eine spannende Auktion bis zur letzten Sekunde.

Wie viel kann sich ein durchschnittlicher Haushalt pro Jahr ersparen?

Wenn die Auktion gut läuft, sicher 200 bis 400 Euro. Wenn das so ist, werden erfahrungsgemäß etwa 50 Prozent der Leute, die sich angemeldet haben, wechseln. Wir könnten das dann jedes Jahr wiederholen, aber warten wir mal die Premiere ab.

Warum haben sie nicht nur Ökostromangebote akzeptiert?

Wir sind keine moralische Instanz, wir sind auch nicht mehr der klassische Konsumentenschutz, der sich vor die Leute stellt. Wir Informieren und organisieren Information. Bei dieser Aktion treten wir quasi als Vermittler auf. Die Menschen selbst entscheiden dann, ob sie sich für Ökostrom entscheiden.

Sehen Sie andere Bereiche, wo ähnliche Zusammenschlüsse von Konsument_innen sinnvoll erscheinen, um gemeinsam bessere Konditionen zu erreichen?

Warten wir einmal den Erfolg der Aktion ab.

Info:

www.energiekosten-stop.at

kostenfreie Telefon-Hotline (Mo.-Fr. von 8-20 Uhr): 0 800 810 860

Anmeldung bis zum 16. Dezember