Gemüse ohne Bodenhaftungvorstadt

Fürs vertikale Gewächshaus ist die Zeit wieder reifer geworden

Gewächshäuser in die Höhe zu ziehen, wird wieder modern. Als Ahnherr der «vertikalen Farm» gilt ein gewisser Othmar Ruthner. Der Maschinenbauer und Chef eines großen Unternehmens für Industrieanlagen sorgte im Jahr 1964 auf der Wiener Gartenschau mit einem Gewächshausturm (nicht sein erster) durchaus für Furore, weil die Beete wie bei einem Paternoster durch Umlaufbetrieb bewegt wurden.

Foto: Denkmalschutzverein Wr. Neustadt

Rund fünfzig Jahre später denkt der Architekt Daniel Podmirseg das vertikale Gewächshaus umfassender. Ihm und seinen Mitstreiter_innen vom «vertical farm institute» (vfi) mit Sitz in Wien geht es im Gegensatz zu Ruthner weniger um Arbeitserleichterungen (Stichwort Rückenschonung) als um den globalen Umweltschutz. Vertikale Gewächshäuser in Städten versprechen bedeutend geringeren Flächenbedarf für die Lebensmittelproduktion, eine Reduzierung des Verbrauchs von Wasser, Pestiziden und Dünger und weniger Transportwege als der Flächenanbau am Land. Im US-Städtchen Jackson oder in Singapur gibt es bereits vertikale Farmen mit erwähnenswertem Output, aber ob sich diese jetzt endgültig durchsetzen werden können, ist fraglich, denn der technische Aufwand ist (noch) beträchtlich und somit nicht zwingend nachhaltig. Und vom Labor-Charakter der Lebensmittel ganz zu schweigen.

Von Othmar Ruthner steht noch ein Gewächshausturm in Wiener Neustadt, und zwar einem Hotelbau im Weg. Zuerst hätte er abgerissen werden sollen, doch Proteste zeigten Wirkung wie einer Aussendung der Stadtverwaltung von Anfang Februar 2017 zu entnehmen ist. Jetzt soll der Ruthner-Turm «sorgsam ab- und wieder originalgetreu aufgebaut werden», doch von diesem Kompromissvorschlag hält der Denkmalschutzverein Wiener Neustadt eher wenig: «Durch intensive Nachforschungen […] stellt sich nun heraus, dass der Turm außerhalb des zu errichtenden Hotels steht.»

www.verticalfarminstitute.org

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