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Black History Month

Ein Monat der Schwarzen Geschichte? Gibt es in einigen Ländern, in Österreich jetzt quasi zum ersten Mal. Was dahinter steht, hat Ruth Weismann bei den Initiatorinnen Tonica Hunter und Adia Trischler erfahren. Foto: Jack Wingate.

Anfang Februar auf Instagram: «Happy U. S. Black History Month y’all!» war unter dem Posting zu lesen, das elegante Männer in Anzügen und elegante Frauen in weißen Kleidern zeigt. Aufgenommen am Harlem Debutante Ball aus den 1950ern. Der Account, auf dem das Bild gepostet wurde, war ganz neu: seriesblackvienna – zu Deutsch: Serie Schwarzes Wien. Dahinter stehen Adia Trischler und Tonica Hunter. Die Idee: 26 Tage lang auf Facebook und Instagram Bilder posten, die die Bandbreite von «Blackness» in den USA hervorheben. Tag 7: Das berühmte Foto «The Problem We all Live with» von Norman Rockwell, das ein sechs Jahre altes afroamerikanisches Mädchen zeigt, das in den 1950er-Jahren von Marshals zur Schule eskortiert werden muss, um vor rassistisch motivierten Übergriffen geschützt zu sein. Tag 9: James Baldwin, wie er wunderbar tanzt, auf einem Foto von Steve Schapiro. Auf Instagram sind es die Bilder, die wirken. Und es geht hier vor allem um die USA. Dort ist im Februar Black History Month, ebenso in Kanada, in Großbritannien im Oktober, und auch einige andere Länder feiern einen Monat der Schwarzen Geschichte.

Geschichte.

Der Black History Month geht auf eine Initiative des afroamerikanischen Historikers und Journalisten Carter G. Woodson zurück, der im Februar 1926 zuerst eine Woche den Beiträgen und Errungenschaften von Schwarzen in den USA widmen wollte und sich dafür engagiert, dass Schwarze Geschichte auch in den Schulen unterrichtet wird. «Der Black History Month spielt in den USA eine große Rolle, es gibt viele Veranstaltungen, in den Schulen wird darüber gesprochen, es gibt TV-Programme, Feiertage, und natürlich macht auch die Marketingmaschine mit», erzählt Adia Trischler, die in New York aufwuchs, seit 12 Jahren in Wien lebt und als Art Director arbeitet. «Mein Vater war immer verärgert darüber, dass das Thema auf einen Monat heruntergebrochen wird», erinnert sie sich. Dies ist einer jener Kritikpunkte, die auch von vielen Schwarzen geteilt werden. «Black History Month muss mehr sein, als Held_innen-Verehrung», schrieb die Journalistin Afua Hirsch 2010 in einem Kommentar, der auf der Website der britischen Zeitung The Guardian abrufbar ist. Die ursprüngliche Intention, einen Monat extra zu widmen, sei gewesen, die unehrliche Art der Geschichtsschreibung zu thematisieren, in der Schwarze Menschen nur als Sklav_innen und Kolonialsubjekte vorkämen, ihre vielfältigen anderen historischen Identitäten aber ausradiert würden, so Hirsch. Deswegen gehe es eben gerade nicht nur um Held_innen-Verehrung.

Dass es grundsätzlich von strukturellem Rassismus zeugt, ein Monat extra widmen zu müssen, ist klar, denn was passiert in den anderen Monaten? Die beiden Initiatorinnen des Projekts series: black vienna sehen es aber als Möglichkeit an, hier in Wien ein Vernetzungsprojekt für die Community zu starten, und um kulturelle Events zu veranstalten. «In Großbritannien wird der Black History Month nicht so sehr in den Schulen behandelt, aber es gibt viele kulturelle Events, wie Konferenzen, Performances, Ausstellungen, Märkte und vieles mehr», erzählt Tonica Hunter. Sie stammt aus London und arbeitet seit vier Jahren in Wien für einen Think-Tank, der sich mit Migrationspolitik beschäftigt. Ihre Erfahrungen bezüglich der Dikussion um Schwarze Geschichte sowie, in welcher Form dies im Alltag zu tragen kommt, sind ähnlich jenen von Trischler: «USA und UK haben ein multikulturelles Modell, wir anerkennen unsere Differenzen, aber wir sind alle aus den USA oder eben aus Großbritannien.» In Österreich ist man davon noch weit entfernt. «Wir sind beide eingewandert, aber was uns bei series: black vienna auch wichtig ist, ist, die Erfahrungen Schwarzer Österreicher_innen einzubringen. Ich habe den Eindruck, dass sich viele nicht gehört fühlen. Einige, die hier geboren und aufgewachsen sind, haben mir etwa davon erzählt, dass Leute sie oft auf Englisch ansprechen», sagt Trischler. Öffentlich ins alltagsrassistische Fettnäpfchen getreten ist diesbezüglich vor einigen Jahren der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter, der das österreichische Fußballnationalteam beim Training besuchte und Starkicker David Alaba, geboren und aufgewachsen in Wien, fragte: «How do you do?» Dieser konterte gelassen: «Sie können ruhig deutsch mit mir reden, ich bin Österreicher.»

Diskussion. Die Geschichte der Unterdrückung Schwarzer Menschen zu reflektieren, das passiere in Europa kaum, sind sich Trischler und Hunter einig. «Die USA sind ein rassistisches Land, ja, aber es wird darüber seit langem gesprochen», so Trischler. «In Europa tendiert man dazu zu sagen: Die USA sind rassistisch. Wie rassistisch Europa selbst ist, darüber gibt es viel zu wenig Diskussion.» Klar ist: Auch Österreich trägt Verantwortung für Kolonialismus. Und: Das tägliche Leben ist für Schwarze und People of Color von schmerzhaften Erfahrungen geprägt, wie sie (nur) eine weiße, rassistische Mehrheitsgesellschaft hervorbringt.

Eine Diskussion zu starten ist also das Anliegen von series: black vienna, vor allem aber Vernetzung innerhalb der Community. Neben den Social-Media-Initiativen, die dafür da sind, zuerst mal den US Black History Month zu featuren und Leute zu erreichen, sind für die Zukunft Events geplant. Es soll ortsspezifische Performance geben, etwa in Straßenbahnen. Es werden Filmscreenings, Musiknächte und Salon-Diskussionen geplant. Dahinter steht auch der Gedanke, dass alle aus der Commmunity sich demokratisch einbringen können und eine Art dezentrale Vernetzungsplattform entsteht. «Das Wichtigste für uns ist, dass die Black- und POC-Community zusammenkommt und sich austauscht. Wir wollen einen sicheren Rahmen dafür, um über unsere Erfahrungen zu sprechen», erläutert Trischler. Denn in der Community sind alle ziemlich erschrocken über die politischen Entwicklungen im Land. Viele fühlen sich unsicher. «Wenn du schwarz bist, fühlst du dich nicht sicher, wenn Leute nationalistische Symbole verwenden. Denn das Ziel sind dann wir», sagt Trischler.

Eine neue Bewegung, neuer Zusammenhalt, Empowerment und Austausch sind also wichtig. Das US Black History Month bietet dafür nun einen Anlass. «Wir würden auch gerne in Österreich einen Black History Month haben», sagt Hunter. «Das ist ja keine staatliche Initiative, es geht darum, dass Leute zusammenkommen und aktiv werden», erklärt sie. Die beste Zeit dafür wäre eigentlich der Frühling, finden Hunter und Trischler. Die series: black vienna sollen laut den beiden auch dazu da sein, vom Amerika-Zentrismus wegzukommen, der ja generell die Welt betrifft. Es solle, so die beiden, über die Geschichte Schwarzer Menschen in verschiedenen Ländern und kulturellen Kontexten nachgedacht werden, und die USA trotz all ihrer avancierten Diskussionen in dem Bereich dennoch auch in ihrer globalen Macht kritisiert werden können. In Wien können wir uns also vielleicht bald einen offiziellen Black History Month in den Kalender eintragen …

 

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