GespenstersucheArtistin

Roman

Warum kommt M. auf die Welt? Weil ihre zukünftige Mutter an der Straßenecke den Daumen rausstreckt – die Busse streiken, und sie muss zur Universität – und D. mit seinem Auto stehen bleibt. Sie finden einander toll. Sie beschließen, eine Zukunft zu probieren. «Was ist Zukunft?» (M.) «Morgen früh.» (D.)
Während die Mutter mit tiefster Trauer und herbstem Verlust beschäftigt ist, wächst M. möglichst unauffällig auf und schließt sich dem Vater an, der sie von Dorf zu Dorf mitnimmt, um Werkzeuge und Eisenwaren der Firma Kramp zu verkaufen. In einem dieser Dörfer treffen sie E. Der ist auf der Suche nach Gespenstern.
Chile in den 1980er-Jahren. Von Diktatur, Folter und Verschleppten erfahren wir durch sparsame Worte am Rande dieses eindrücklich zart und zugleich robust geflochtenen Romans – aus Kramp-Draht, wie M. sagen würde. Eine Kindheitserzählung ohne Selbstverkitschung, ohne rückblickende Analyse und humorige Erklärungsversuche. M., mit scharfem Blick ausgestattet, lernt früh, sich das Universum und das Verhalten der Erwachsenen darin zu erklären, um vor der Kulisse des völligen Wahnsinns überleben zu können. Denn der Überlebenstrieb ist da, stellt sie fest, selbst wenn man ganz lange die Luft anhält.

María José Ferrada: Kramp
Aus dem Spanischen
von Peter Kultzen
Berenberg 2021, 132 Seiten
22,70 Euro

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