Gewinnorientiert und stolz darauftun & lassen

Nur ein Vergleich verhinderte die Aussage der Geschäftsführerin

Lohndumping beim Technischen Museum?  Zwei Betroffene klagten gegen fragwürdige Beschäftigungsverhältnisse vor dem Arbeitsgericht. Der Prozess endete mit einem Vergleich, wirft aber Fragen auf. Von Christian Bunke.

Das Technische Museum ist ein Bundesmuseum. Seit 2002 sind die Bundesmuseen ausgelagert. Das heißt, sie sind zwar im Bundeseigentum, sollen aber «wirtschaftlich» agieren, also dafür sorgen, dass sie ihre eigenen Kosten decken und möglichst noch Profit abwerfen.

Die Auslagerung ist eine neoliberale Kernkompetenz, welche uns die erste schwarz-blaue Regierung beschert hat. Und von darauf folgenden rot-schwarzen Regierungen nicht abgeschafft wurde. Das Kabinett Kurz/Strache erhöhte in der Sache zuletzt wieder das Tempo. Ein Beispiel dafür ist die AUVA, die ihre Krankenhäuser zukünftig in eine GmbH auslagern soll, die dann, man ahnt es, «wirtschaftlich» arbeiten soll.

Was bedeutet eine solche Auslagerung für die Arbeitsbedingungen? Wer bei dem Arbeitsgerichtsverfahren zweier ehemaliger Reinigungskräfte des Technischen Museums gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber dabei war, konnte zumindest einen kleinen Eindruck davon bekommen. Wobei, Arbeitgeber ist eigentlich der falsche Begriff. Zumindest legt Karin Skareg, wirtschaftliche Geschäftsführerin des Museums, großen Wert auf die folgende, dem AUGUSTIN übermittelte Feststellung: «Es handelt sich nicht um ehemalige Mitarbeiter, sondern um externe Dienstleister (Werkvertragsnehmer).»

Hier liegt die Streitfrage.

Denn die beiden Reinigungskräfte wollten vor dem Arbeitsgericht ihre Festanstellung einklagen. Zu diesem Zweck legten sie sehr detailliert ihren Dienstalltag im Museum dar. In einem Team zu vier Personen putzten sie die Ausstellungsstücke im Museum. Jeder Teil des Museums musste einmal pro Quartal an die Reihe kommen. Um fachgerecht arbeiten zu können, nahmen sie an Schulungen des Museums, etwa zum richtigen Umgang mit Asbest oder Radioaktivität, teil.

Obwohl es sich bei den Reinigungskräften nach Lesart des Museums um «Selbstständige» handelte, die ihren Lohn nach Einreichung einer auf Computern des Museums geschriebenen Honorarnote erhielten, mussten sie Arbeitsuniformen mit dem Logo des Technischen Museums tragen, um der «Corporate Identity» zu genügen. Die Reinigungskräfte hatten eigene Schließfächer, arbeiteten täglich im Museum und koordinierten ihre Aktivitäten mit anderen Abteilungen, unter anderem der Restaurierung.

Eine Reihe von Zeug_innen trat im Rahmen des Verfahrens auf, um zu erklären, dass sie die beiden Kläger als Teil der Belegschaft wahrgenommen hatten. Einer davon war Franz Neuhold, ein ehemaliges Betriebsratsmitglied und «Wissensvermittler». Die Wissensvermittler_innen hatte das Museum ursprünglich als «freie Dienstnehmer_innen» angestellt, bis eine Überprüfung der Gebietskrankenkasse ergab, dass es sich hier in Wirklichkeit um Anstellungsverhältnisse handelte.

Die Geschäftsführung des Museums sei auf derlei Maßnahmen nicht gut zu sprechen gewesen, sagte Neuhold im Rahmen des Prozesses. «Wir haben als Betriebsrat die Überprüfung des Dienstverhältnisses bei einer Kollegin veranlasst. Daraufhin hat sich die Geschäftsführung darüber bei uns beschwert.» Über die beiden Kläger selbst sagte Neuhold: «Ich bin als Betriebsrat immer wieder Kolleg_innen mit Werkverträgen begegnet, habe sie aber immer als integralen Bestandteil des Hauses gesehen. Ich hatte immer den Eindruck, dass beide in ihre Abteilung eingebunden waren.»

Das Museum steht hinter dieser Praxis.

Dem AUGUSTIN sagte Geschäftsführerin Skarek: «Das Museum bezieht Lieferungen und Leistungen im Millionenbereich von unterschiedlichsten Lieferanten und Dienstleistern, auch in Form von Werkverträgen. Befristete Beschäftigungen gibt es typischerweise bei Projektarbeit, beispielsweise bei geförderten Forschungsprojekten, und bei Karenzvertretungen.» Das Museum sei «eine eigenständige, dem wirtschaftlichen Wettbewerb unterliegende Anstalt und kein Teil der öffentlichen Verwaltung.» Ausgelagert eben.

Intern scheint es aber durchaus Nervosität zu geben. Im Prozess berichteten die Kläger über eine Aussage eines Abteilungsleiters aus dem Jahr 2015: «Wir sollen nicht hier arbeiten, damit der Betriebsrat es nicht mitkriegt. Es gab außerdem Angst vor einer Überprüfung durch die Gebietskrankenkasse.» In den Jahren 2015 und 2017 wurden die beiden deshalb für je drei Monate in den Zwangsurlaub geschickt. Nach einer solchen Zwangspause kam dann im Oktober 2017 der Schock. Es gab keine Werkverträge mehr, die beiden Reiniger wurden durch von der Aktion 20.000 geförderte Personen ersetzt. Und dies, obwohl in vorhergehenden Jahren immer eine Festanstellung in den Raum gestellt wurde.

Das Museum beharrt auf der Auffassung, dass die Werkverträge völlig legitim waren. Und doch zahlte das Museum eine recht hohe Vergleichssumme an die beiden Kläger, welche während der Verhandlungstage zwei Mal deutlich erhöht wurde. So konnte vermieden werden, dass Geschäftsführerin Skarek über die Praktiken in ihrem Haus unter Eid aussagen musste.

Unangenehm kann es für die Geschäftsführung dennoch noch werden. Der Fall wurde der Gebietskrankenkasse zur Überprüfung übermittelt. Wann diese Prüfung passiert, ist aber nicht absehbar. Auch die Lohndumpingbekämpfung der Gebietskrankenkassen leidet unter schwarz/blauen Einsparungen.

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