«Entpolitisiert», jedoch nicht ohne Raika-Agenten
Die Universitätsräte sind so etwas wie Aufsichtsräte bei Kapitalgesellschaften. Als sie eingeführt wurden, hörte man allerorts das Wort «entpolitisieren». Politiker_innen – wir erinnern uns an Schwarz/Blau – taten so, als sei Politik etwas Dreckiges, Verachtenswertes. Gemeint war mit «entpolitisieren» die Installation von schwarzblauen Vertrauensleuten. Mit dabei: Funktionäre der Raiffeisenwelt.Man schrieb das Jahr 2002. Die schwarzblaue Regierung zog furios durchs Land und erklärte allen, die es hören wollten oder auch nicht, das Land müsse «entpolitisiert» werden. Den Begriff «entpolitisieren» verwendete man für das Ansinnen, in möglichst vielen Positionen in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft Amtsträger_innen, die nicht ÖVP- oder FPÖ-nahe waren, loszuwerden und durch systemtreue Personen zu ersetzen. Manche waren so «entpolitisiert», dass sie in der Folge Zeit und Muße hatten, kriminell zu werden, wie beispielsweise ein ÖVP-Minister, dem man das aber noch nicht vorhalten darf, weil er noch nicht rechtskräftig verurteilt ist.
Auch die Universitäten sollten «entpolitisiert» werden. Vehikel dazu war das Universitätsgesetz 2002. Mittels dieses Gesetzes war beabsichtigt, die politische Farbenlehre in den Aufsichtsgremien der Universitäten und Hochschulen zu korrigieren, das heißt, möglichst viele Personen, die nicht der schwarzen oder blauen Partei nahestanden, in die Wüste zu schicken. Dabei kommen Teile des Universitätsgesetzes 2002 durchaus sinnvoll und auch harmlos daher: Die ehemaligen Universitätsbeiräte werden durch Universitätsräte ersetzt, und deren Mitglieder sollten «in verantwortungsvollen Positionen in der Gesellschaft, insbesondere der Wissenschaft, Kultur oder Wirtschaft, tätig [sein] und auf Grund ihrer hervorragenden Kenntnisse und Erfahrungen einen Beitrag zur Erreichung der Ziele und Aufgaben der Universität leisten können.»
Raiffeisen geht auf die Uni
Und Raiffeisen? Keine Sorge, das Giebelkreuz ist mitten im Geschehen. Universität für Bodenkultur in Wien: Einer von sieben Universitätsräten ist Martin Hauer. Von wegen entpolitisiert – er war Kabinettchef bei Josef Pröll im Finanzministerium (Pröll wechselte bekanntlich vom Finanzministerium zur Raiffeisenfirma Leipnik-Lundenburger) und später bei Prölls Nachfolgerin Fekter ebenfalls Kabinettchef. Jetzt ist Martin Hauer Generalsekretär der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien. Der Universitätsrat ist per Gesetz dazu angehalten, über die strategischen Ausrichtungen einer Universität oder Hochschule zu befinden. Da sind die Raika-Agenten an der richtigen Stelle.
An der Veterinärmedizinischen Universität Wien spielt der Universitätsrat eine wesentliche Rolle. Auf der Website der Universität werden die Agenden dieses Gremiums aufgelistet: «Zu seinen Aufgaben zählen unter anderem die Wahl des Rektors bzw. der Rektorin, Genehmigung des Entwicklungsplans, des Organisationsplans und des Entwurfs der Leistungsvereinbarung der Universität sowie der Geschäftsordnung des Rektorats, die Stellungnahme zu den Curricula und zu den Studienangeboten außerhalb der Leistungsvereinbarung, die Genehmigung der Gründung von Gesellschaften und Stiftungen sowie die Genehmigung des Rechnungsabschlusses, des Leistungsberichts des Rektorats und der Wissensbilanz und Weiterleitung an das Bundesministerium.» Da darf kein Raikafunktionär fehlen: Veterinärrat Dr. Walter Obritzhauser ist im Rat präsent. Ansonsten ist Dr. Obritzhauser in seiner Tierarztpraxis aktiv und dem Raiffeisenreich aufs Engste verbunden: Er werkt als Vorstand der Raiffeisenbank Leoben Bruck. Dass der Raikafunktionär Entwicklungsplan, Organisationsplan sowie Geschäftsordnung des Rektorats mitbestimmen kann, liegt anzunehmenderweise sehr im Interesse der Raiffeisengruppe.
Ein Spezifikum der Raiffeisenwelt fällt auch hier auf: Die Abgesandten in den Uni-Gremien agieren zwar im Sinne der Gruppe, das Raika-Logo bleibt aber außerhalb des Sitzungssaales. Diskret, aber wirkungsvoll. Wie gewohnt.