Gleiche Tage im Sommer, die späten Julitage am gleichen Ort in der ungarisch horizontweiten Ebene, die gleichen Quadratmeter zum Wohnen drauf im Stoff, die Blicke gerichtet zum Himmel, bemessend die Wolken, ihre Richtung, Farbe, Schwere; gerichtet zu Boden, ob der Fuß in Sumpf tritt, auf rutschigen Lehm, zerstörtes Gras.Erinnernd Jahre mit Dauerregen, da nicht Tropfen fielen, versprühen tat sich das Wasser rundum, verteilte und vervielfältigte sich gleich mehrfach in einem alles durchdringenden Schauernebel, ohne Wind, endlos bis die Nässe zu Boden kam, sich in Pfützen, Tümpeln sammelte und über Wochen nicht abfloss durch den lehmigen Boden, auf dass die Sümpfe hier gedeihen, Schilf und wundersame Blumen wachsen, Frösche und Kröten, wovon die Störche leben und das Autofahren ein schwankendes Zickzack abgibt, nicht nur der Schlaglöcher wegen.
Gleiche Tage im Winter, mit Unbehagen von Wien weg des lauernden Straßeneises, des sibirischen Windes wegen, der schnellen Finsternis, all der vielen Feinde des Autofahrens, bei Schwechat vorbei und wenn auch der Flugüberwachungsturm in Nebel übergeht, möchte ich mich seinem Geleit anvertrauen, doch flitzende Kabinen wie die meine lässt er allein auf ihrem Weg. Györ, Böny, Gönyü. Windpropeller in ihrer Bedächtigkeit geben ein Gefühl der Zuversicht. Worauf? Worte wie Nagyszentjanos auf dem Wegweiser lesen zu können? Und wieder fragt der schwarzbronzene Riesenadler bei Tatabanya nach seiner Geschichte, auch diesmal muss ich meiner Ahnungslosigkeit wegen die Schultern zucken. Hinauf-hinunter das schwarze Straßenband, ein bisschen Karpaten, amerikanischer Canyon, und darüber hält der Himmel seine Fracht, die Reise gelingt auch diesmal, die ersten Ampelfarben, die letzte Kurve und endlich die Eisenbrücke in ihrem Weiß und wieder die Donau, breiter, schwerer, lehmig hell. Lasst mich durch die Boulevards fahren, die breiten Alleen, den Weg verlieren wie jedes Mal und doch finden zum Kavehaz Müvesz, um zu sitzen, wie ich hier immer sitze, noch eben letzthin, könnte gestern gewesen sein, auch wenns Monate waren, sitze morgen wieder, auch wenns Monate werden.
Gleiche Tage im Sommer, und die Mücken scheinen auf mich zu warten. Hitze kann sie über die Tagesstunden verdrängen, nicht wenn die Dämmerung den Himmel in rosalila färbt und die niedere Sonne wirklich zu verglühen scheint. Auf diese Stunde warten auch die Kröten und Frösche, und gegenseitig hüpfen wir dann schreckend voreinander übers gemeinsame Gras. Die Haut überanstrengt sich mit den starken Strahlen, den Salben, dem Wasser der warmen Bäder, dem Mückenschutz, dem Schweiß, den Seifen, den Sprays. Der Hitze weichen im körperwarmen Wasser, dem heilenden wird gesagt, dem braunen mit den schwimmenden Fasern, dem riechenden. Nach Schwefel oder Fichtenwald? Nicht schwimmen, bloß sitzen auf den eingemauerten Randbänken, immer mit leichtem Hungergefühl, Langos, Gyros, Palacsinta, Schaschlik könnten passen.
Schichten sich Erinnerungen und Wiedersehen, Blicke wägen ob Neuerung oder Nichtbemerktes, suchen Verschwundenes, erkennen Vergessenes. Gewitter wie damals, Regen wie damals, Störche diesmal mehr, Straßen diesmal schlechter, die Liebe zu Budapest um ein Bad erweitert, der Hund eine neue Bekanntschaft, der Mann von Miscolc wie schon oft, Händeschütteln mittlerweile. Gleiche Tage über Jahre. Meine hiesige Zeit von gleich zu gleich fügt sich aneinander als wär kein Inzwischen. Springt sie eigentlich oder steht sie, die Zeit? Was zwischen diesem und vorigem Mal war, diesem und nächstem kommt, ängstigts? Hätte ich letztmals bereits gewusst was mittlerweile geworden ist, hätt ich es denn geglaubt? Hätte ich mich gefreut, wäre ich gelassener gewesen? Wie ist mir heute, nicht ahnend was wird bis zu den nächsten gleichen Tagen? Bloß wissend, es fügt sich in meine Geschichte.