Gut genug?tun & lassen

Die neue Bauordnung sieht eine Reihe punktueller Verbesserungen vor

«Ein Schritt in die richtige Richtung» finden die einen, «kritische Bedenken» äußern die anderen. Die Rede ist von der Novelle der Wiener Bauordnung. Christof Mackinger hat

sie sich angesehen.

Illu: Much

Hohe Wellen schlug die neue Bauordnung schon vor der Sommerpause, als ein Teil der Novelle vorgezogen in Kraft trat, um dem genehmigungsfreien Abriss von Gründerzeithäusern Einhalt zu gebieten – der AUGUSTIN berichtete. Jetzt wurde die gesamte Gesetzesänderung, zur Begutachtung online gestellt. Ihr Beschluss im Landtag soll im Herbst erfolgen. Die Meinungen dazu gehen erwartungsgemäß auseinander. Für die unteren sozialen Schichten allerdings gehe die Gesetzesinitiative «in die richtige Richtung», wie von verschiedenen Seiten versichert wird. Leistbares Wohnen, Maßnahmen zum Klimaschutz und das Verbot der kommerziellen Vermietung von Wohnraum über Onlineplattformen sind zentrale Themen der Novelle der Bauordnung. Aber ist sie gut genug?

Leistbares Wohnen.

«In dieser Ausdrücklichkeit» habe es so etwas noch nicht gegeben, stellt etwa die Architektin und Stadtplanerin Gabu Heindl erfreut fest. Gemeint ist die Förderung des sozialen Wohnbaus im Gesetzestext. Der sieht nicht nur eine neue Flächenwidmungskategorie für geförderten Wohnbau vor – der erlaubte Verkaufspreis des Grundes dafür wird mit 188 Euro pro Quadratmeter Bruttogeschoßfläche empfindlich nach oben beschränkt. Dies ist, in einer Stadt, in der Quadratmeterpreise bis zu 1500 Euro pro Wohnnutzfläche möglich sind, tatsächlich beachtlich. Die «kritischen Bedenken» des ÖHGB, des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes angesichts dieser Deckelung des Verkaufspreises überraschen da nicht mehr. Während der ÖHGB «einen eigentumsrechtlich bedenklichen Eingriff in den Preismechanismus» sieht, will Gabu Heindl dagegen Überlegungen anregen, das öffentliche Interesse noch deutlicher über den Privatbesitz zu stellen, um so viel empfindlichere Eingriffsmöglichkeiten im Sinne der Gemeinschaft zu ermöglichen. Doch das sind bisher eher Zukunftsvisionen.

Derzeit wird noch über das Für und Wider von Mindeststandards diskutiert: Der neuen Bauordnung zufolge soll die verpflichtende Trennung von Bad und WC in Neubauwohnungen fallen, um so kostensparender bauen und vermieten zu können. Gabu Heindl sieht das nicht nur positiv: «Gerade im sozialen Wohnbau muss man vorsichtig sein. Was für Singles okay ist, kann für große Familien belastend sein. Eine gewisse Qualität sollte für alle gelten.»

«Lex Airbnb».

Schon seit Jahren in der Diskussion, versucht sich die Bauordnung jetzt auch in der Eindämmung der gewerblichen Vermietung von Wohnraum via Internetplattformen wie Airbnb an Tourist_innen. Wie eine Studie der Wiener TU im Jahr 2017 befand, werden damit dem Wiener Wohnungsmarkt dauerhaft 2000 Wohnungen entzogen. Die Profite von Vermietungen im großen Stil konzentrieren sich dabei nur auf einen kleinen Prozentsatz der Anbietenden. Die Bauordnung versucht nun mit einem Passus das dauerhafte Anbieten von Wohnungen für Tourismuszwecke durch Vermieter_innen mit mehreren Wohnungen einzudämmen. Dies, so Justin Kadi, einer der Studienautor_innen, verschärfe die rechtliche Situation für die großen Vermieter_innen, immerhin. Unklar, so der Stadtforscher, sei jedoch, wie die Stadt die Einhaltung der Regelung kontrollieren wolle. «Die Stadt weiß ja nicht zwingend von allen Vermietern, dass sie überhaupt vermieten.» Zwar sei die Ortstaxe verpflichtend abzuführen, ob dem aber alle Airbnb-Anbieter_innen nachkommen, ist mehr als fraglich. Zuletzt greift die Regelung da zu kurz, wo es um das dauerhafte Vermieten von Zweitwohnungen gehe – Wohnraum, der dadurch tatsächlich dem Wohnungsmarkt entzogen bleibt. 46 Prozent der dauerhaft vermieteten Wohnungen stammen, der TU-Studie zufolge, von Vermieter_innen mit nur einem Angebot auf Airbnb. «Und genau diese Einzelwohnungen scheinen von der geplanten Regelung ausgenommen zu sein», kritisiert Kadi.

Städtischer Klimaschutz.

Angesichts der «katastrophalen Klimaschutzagenda der Bundesregierung» sei es erfreulich, dass auch der Klimaschutz in der Bauordnung eine zentrale Rolle spiele, findet Gabu Heindl. So werden nicht nur Öl- und Kohleheizungen bei Neubauten untersagt, Fernwärme und erneuerbare Energie werden gefördert, Fassadenbegrünungen begünstigt. Viel weniger aufwändig, und auch sehr effektiv in der Eindämmung der städtischen Hitze, wäre aber die vermehrte Bepflanzung mit Bäumen.

In der Ökologisierung der Wärmedämmung lässt die Novelle stattdessen noch reichlich Luft nach oben. So ist etwa ein Verbot billiger Erdöl-Derivate, wie Styrodur, die letztendlich als Sondermüll enden, weiterhin nicht vorgesehen. Dabei könnte sich Wien von Dänemark inspirieren lassen, wo der billigste aller Dämmstoffe bautechnisch untersagt ist.

Alles in allem sind im vorliegenden Gesetzesentwurf eine Reihe punktueller Verbesserungen versammelt. Letztlich kommt es aber auch darauf an, ob und wie das Gesetz angewendet wird, sagt Heindl. «Und das», so die Stadtplanerin, «müssen wir dann als Zivilgesellschaft auch einfordern.»