Hans heißt die MusikArtistin

2010 gegründet, existiert das Wahlwiener Duo mittlerweile auch in «großer Fassung», erfrischt klanglich und tritt in schicken «Onesies» auf.

Foto: Mario Lang

«Skurilles Musiktheater», «DaDa-Step» und «Avantgarde Pop» bieten Anna Anderluh und Helgard Saminger an, um ihre Musik zu beschreiben. Oder «Hansmusi». Unter diesem Begriff ist das Duo im Netz zu finden, wobei sie in einem sozialen Medium noch diese Zuschreibungen anbieten: «weiblich, unartig, unterhaltsam!» Kennengelernt haben sich die Kärntnerin Anna und die aus dem Salzkammergut stammende Helgard in Linz, beide sind ausgebildete «Jazzerinnen», etwa an der Jazzquerflöte (Helgard). «Das erste gemeinsame Bier haben wir 2010 getrunken.» Wir sitzen an einem sonnigen Herbsttag (yeah!) in einem Gastgarten nahe dem Esterhazy-Park, Hans standesgemäß in ihren Bühnengewändern. Nach einem Konzert wurden diese als «fesche Onesies» bezeichnet, landläufig sind sie als Pyjamas zu kategorisieren. Mensch sollte viel öfter in Pyjamas aus dem Haus und auf Bühnen gehen. Mit von der Partie: Brandy, scheinbar unbeweglicher Steinmarder, von einem «netten Konservativen» (die Geschichte nachzuerzählen würde zu weit führen) dauerhaft entlehnt. Dieser ist mit allen Wassern des Musikmanagements gewaschen. Als ein leichter Windhauch aufkommt, meint mensch die Baders, Dahemes, Gröbchens und Redelsteiners, die Musikfunktionäre dieser Stadt, freudig zittern zu spüren – Stadion-Hans ist nur mehr eine Frage der Zeit!

 

Oamoi mit

Musikarbeiter Lang hat Hans im Rahmen der Aufführungen des Theaterstücks «Wir Hungerkünstlerinnen. Wir Hungerkünstler.» im Theaterbrett kennengelernt. Nachdem die beiden Musikerinnen den anfangs geäußerten Kleinkunst-Verdacht von Musikarbeiter Krispel vehement von sich weisen, wird beim ausschnittartigen Durchhören des neuen Albums (eines haben Hans schon veröffentlicht, 2012 «Musik, die das Herz berührt») «Oamoi mit» das Klang-Bild immer klarer, eben immer bunter und spannender. Das schöne Erlebnis stellt sich ein, beim Zuhören wohl den Kategorisierungs-Reflex des langjährigen schreibenden Musikarbeiters zu spüren, der sich aber gar nicht so wichtig macht, weil dieses Zuhören so lässig ist. Schon wirken selbst die Straße, die Gegend, sogar die geparkten Autos, (noch) aufregender, sinnlicher, fröhlicher, (lebens-)möglicher. Es gibt ein Lied über Hipster, featuring H&M und Ikea, Brandy wird besungen, ein Stück speist sich textlich aus Facebook-Postings nach einem Konzert, gesungen wird auf Deutsch und Englisch. Zu hören sind neben Anna und Helga Drums und Bass, wobei mittlerweile Hans, die große Fassung, mit Cello und Beatbox in Erscheinung tritt. Die beiden Musiker_innen, die ihre vorhandenen anderen kreativen Baustellen nobel verschweigen – Sie haben schon bemerkt, liebe Leser_innen, es ist ernst mit Hans! – sprechen davon, dass es ihnen bei ihrer Zusammenarbeit darum geht, das Korsett, das Bands unweigerlich sein können, abzustreifen. «So Musik zu machen, dass nichts zu beweisen ist, keine Virtuosität im Vordergrund steht.» «Es ist so, dass beim Konzert sehr viel entsteht», erzählen Hans, die (freie) Performance und der Austausch mit dem Publikum sind ihnen sehr wichtig. «Das muss sein, das Publikum muss im ekstatischen Zustand Unterhosen auf die Bühne werfen.» Wobei Hans diese Utensilien, wenn ich das richtig verstanden habe, netterweise mitbringen (Brandy hat ein großes Auto!) – und scheinbar mitunter nicht vollständig zurückbekommen (Du Publikum du!). Es gehört ja überhaupt viel mehr mit Unterwäsche geworfen oder sich von dieser anders befreit! Damit nicht genug, Gummistiefel und Pumps müssen gespielt werden, Pumps den Rhythmus und Gummistiefel den Beat! Versuchten Hans anfangs, das Instrumentarium Flöte(n) und Stimme(n) auszuloten, haben sie sich auch von diesem Korsett wieder befreit, unter anderem kommen Melodica und die «Rock-Ukulele» zum Einsatz, mit «den Kastln» wird’s elektronisch, Hans macht sich und spielt sich gerne mit Loops. Hans bewegt sich auf einem selbstgeschaffenen, veränderungsfreudigen musikalischen Abenteuerspielplatz und lässt dabei andere Menschen nur zu gerne mitspielen. Da passt der Name des von einem Verein betriebenen Labels (der zudem ohne feste Spielstätte Konzerte veranstaltet), auf dem Anfang 2017 ihr neues Album erscheint, perfekt: «Freifeld». «Voi idealistisch», sagt Helgard über deren Arbeit, was die Frage nach dem eigenen materiellen Auskommen der beiden Hans nahelegt. «Da war schon einmal ein sehr guter Sommer», sagen sie, und Brandys Augen leuchten auf. In ihren Pyjamas können sie Programme für viele Gelegenheiten entwerfen und umsetzen, sehen sich auf der Junggesellinnen-Party ebenso wie auf Geburtstagsfesten, im kleinen, unmittelbaren Jazzclub ebenso wie im positiv ehrwürdigen Porgy. Oder im Park, wo sie uns und den anderen Menschen nach dem Fotomachen ein Ständchen singen. Danke, Hans!

 

Hans: «Oamoi mit», Freifeld

Live: 25. 1.

Theater Drachengasse

www.hansmusi.at