Hilf mir, es selbst zu tuntun & lassen

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Es beginnt immer mit dem persönlichen Gespräch. Zuhören steht am Anfang. Was sind die größten Probleme, was soll besser werden, was klappt gut, woraus schöpft man Kraft, was lähmt, wie geht’s den Kindern? Es beginnt mit Menschen und ihren Interessen. An ihrem Lebensmittelpunkt. Lisa war gerade zu Besuch. Sie ist Community-Organizerin.

Sie hat hunderte Gespräche mit Bewohnerinnen und Bewohnern des Grätzels geführt. Jetzt geht es darum, diese Gespräche in ihrem Kopf zu ordnen und offene Fragen zu recherchieren; den Anliegen nachzugehen, die dringlich sind im Bezirk und im Grätzel. Und dann wird sie gemeinsam mit den Bewohnerinnen und Bewohnern des Stadtteils aktiv werden. Ein Grundsatz Lisas lautet: «Tue nie etwas für Menschen, das sie selbst tun können.»

 

Wach sein für das soziale Umfeld. Offen für den Sozialraum. Aktiv vor Ort. Diese Haltungen erfahren wieder mehr Aufmerksamkeit in der wissenschaftlichen und sozialen Praxis. Damit werden zwar die großen ökonomischen Rahmenbedingungen nur wenig beeinflusst, aber es kann zu hilfreichen Veränderungen des unmittelbaren sozialen Umfelds kommen – und damit auch zu Veränderungen in der Schule, im Betrieb, im Stadtteil, in der Gemeinde oder rund ums Krankenhaus. Dazu gibt es schon einen kleinen Erfahrungsschatz von erfolgreichen Projekten: Aktivierende Befragungen von Alleinerzieherinnen in einem Stadtteil haben zu Kooperationen von Frauen in der Betreuung erkrankter Kinder geführt. Mieter_innen organisieren sich. Aufsuchende Betreuung von Hebammen rund um die Geburt hat Krisen und sozialen Stress abgefangen. Ein Straßencafé bietet Raum für Austausch und ungezwungenen Kontakt. Schulen öffnen sich zum Stadtteil und werden Schnittstellen der Freizeitgestaltung und auch der Elternbildung.

 

Im Chikago der Wirtschaftskrise vor 80 Jahren bauten sich «Bürger-Organisationen» auf. Ihr Mitbegründer Saul Alinsky grenzte das «Community Organizing» sowohl von der Gemeinwesenarbeit als auch von der Wohlfahrt ab. Die Stadtteilarbeit, befand er, sehe zu wenig das Ganze der sozialen Misere und wickle die zusammenhängenden Probleme des Lebens «einzeln in Zellophan ein». Jugendprobleme, Kriminalität, Mieterfragen oder Krankheiten können nicht als isolierte Phänomene betrachtet werden. Statt Arbeitsplätzen, gerechten Lohns und des Abbaus von Diskriminierungen gibt es dann «beaufsichtigte Freizeitbeschäftigung, Bastelkurse und Persönlichkeitsbildung». Und die Wohlfahrt begegne «den Menschen im Slum wohlwollend und gütig, nicht um ihnen zu helfen, ihren Weg aus dem Dreck freizukämpfen – nein! Sie kommen, um diese Leute «anzupassen». Anzupassen, damit sie in der Hölle leben werden und es noch gut finden.» Bürger-Organisationen hingegen, wie Alinsky sie meinte, bedeuten «Einmischung» und «aktivierende Beziehungsarbeit». Die Bürgerrechtsbewegung Martin Luther Kings schöpfte aus diesen Erfahrungen in ähnlicher Form wie aktuell viele soziale Initiativen.

Gestalten zu können, herausgefordert zu sein, zusammenzuarbeiten – das wirkt. Community-Organizerin Lisa hat den Grundsatz «Tue nie etwas für Menschen, das sie selbst tun können» übrigens erweitert. Sie fügt hinzu: «Tue alles dafür, dass Menschen können, was sie tun wollen.»

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