Augustinverkäuferin Eunice
Wenn es keinen Augustin gäbe – ich weiß nicht, was passieren würde. Als ich mit dem Verkaufen anfangen konnte, das war vor vier oder fünf Jahren, war das sehr gut für mich. In der Wollzeile ist mein Verkaufsplatz.
Foto: Evi Rohrmoser
Das ist mein Arbeitsplatz. Manche Leute kommen immer, wenn es eine neue Zeitung gibt, sie kaufen sie bei mir und zwei Wochen später, wenn es wieder eine neue Ausgabe gibt, kommen sie wieder. Manche reden auch mit mir. Wenn es sehr kalt ist, sagen sie: Es ist zu kalt, um draußen zu stehen. Aber was soll ich machen? Ich muss da stehen bleiben. Jetzt gehe ich aber, wenn es zu eisig ist, hinunter zur U-Bahn-Station.
Wir waren ja zwei Leute hier. Ich oben und unten Peter, der auch den Augustin verkaufte. Er ist leider sehr krank und im Spital, deshalb kann ich auf seinen Platz, wo es wärmer ist.
Ich bin aus Nigeria. Nach Österreich kam ich vor langer Zeit, 2005. Es sind elf Jahre. Leider habe ich kein Arbeits-Visum, nur die weiße Karte*. Bevor ich zum Augustin kam, versuchte ich irgendeinen Job zu kriegen. Es war mir egal, ob ich in einem Restaurant arbeite oder putzen gehe. Also, ich habe einen Job in einem Restaurant gesucht. Ich gehe dort hin, um mich vorzustellen. Sie sagen: Nein, mit der weißen Karte ist es nicht erlaubt zu arbeiten, Sie brauchen ein Visum. Ich habe versucht, dieses Visum zu kriegen, aber es ist sehr schwierig. Manche Leute haben auch nur die «Asylkarte», aber sie bekommen etwas Geld von der Caritas. Ich war dort, und sie sagen mir: Wir sind nicht verantwortlich für dich. Wer ist für mich verantwortlich? Sie sagen: Wir wissen es nicht. Nicht einmal zehn Cents haben sie mir gegeben. Bei der Caritas sagten sie mir, ich soll zu einem Anwalt gehen, der ist am Stephansplatz. Er sagt, er hilft Ausländer_innen in Fällen wie meinem. Ich gehe hin, er schaut sich das an und sagt: Es tut mir leid, ich kann nichts machen. Ich weiß nicht, warum mein Fall anders ist. Ich habe das dann ruhen lassen. Ich habe alles alleine gemacht, bevor ich mit dem Augustinverkauf begann. Durch den Verkauf kenne ich ein paar Leute. Wenn ich nicht den Augustin verkaufe, lese ich manchmal, meistens am Wochenende, dann lese ich den Augustin und die Bibel. Ich liebe es, die Bibel zu lesen, und ich gehe gern in die Kirche. Nur Gott hilft. Den Augustin zu verkaufen mag ich, denn da habe ich keinen Boss. Niemand, der dich kontrolliert und sagt: Tu dies, tu das, mach schneller, schneller! Ich bin die Chefin, das ist gut.
*Die weiße Karte heißt «Aufenthaltsberechtigungskarte». Diese erhält ein_e Asylwerber_in für die Dauer des inhaltlichen Asylverfahrens, d. h. bis entschieden wird, ob Asyl bzw. subsidiärer Schutz gewährt wird oder nicht.
(Quelle: diakonie.at)