Ich errichte mir einen StaatArtistin

Drei Dutzend Mikronationen vor der Karlskirche

«Behauptet eure eigenen Scheißhäuser!», posaunt der Tausendsassa und zur Zeit wieder als Filmemacher präsente Paul Poet augenzwinkernd vor der Karlskirche hinaus. Die Anzahl seiner Zuhörer_innen ist kaum größer als jene der mobilen Toiletten, die rund um den Brunnen vor der Kirche aufgestellt sind.Nicht, dass sich nur eine Handvoll Menschen zu seiner Inaugurationsrede eingefunden hätten, da war schon was los, denn um die Plastik-Häuseln abzuzählen, hätte man schon viele Hände benötigt.

Poet schwang in der Funktion des Spiritus Rektor diese kurze, aber gepfefferte Rede, und zwar auf Einladung der beiden Kuratorinnen Franziska Helmreich und Cosima Reif, die sich von seinem aktuellen Film «Empire Me» zum Thema Mikronationen und Gegenwelten zur Ausstellung «1 Quadratmeter Staat» inspirieren ließen.

35 Mikronationen wurden nun am Karlsplatz ausgerufen und errichtet (bis 22. Februar zu sehen), wobei die meisten als staatstragende Säulen ein Dixi-Klo benutzen. Diese Häuseln wurden zu neuen Territorien ummodelliert, also mit Sprüchen oder gar Verfassungen versehen und natürlich im Sinne der jeweiligen Staatsform künstlerisch gestaltet. Bei einigen erschließt sich die Ideologie oder der Witz erst nach dem Öffnen der Klotür, wie das «Resistorium» von Lukas Eder, ein Staat, der auf Separatismus in Form von Raucher-/Nichtraucherbereich setzt. Auch die «Dittatura Erotica» kann mit einer Überraschung hinter der Tür aufwarten: Steht noch an der Außenwand «Die Würde des Menschen ist unantastbar.» Außer von der Dittatura Erotica (= Die Diktatur der Erotik) grundrechtlich festgeschrieben, zeigt sich im Inneren des Klos ein Geflecht aus Dessous, das den Staatseintritt verwehrt.

Wenige Arbeiten kommen ohne Basis Mobilklo aus und bauen einfach auf einem Quadratmeter Fläche auf, was der Qualität keineswegs abträglich ist. Peter Pilz stellte den architektonisch bestechenden Turm «Freistaat Hirnholz» aus Pfostenstücken auf, oder Stefanie Wilhelm lässt auf einer Stange ihr «Frei_Haus» in luftiger Höhe schwingen, so dass in der Neige die Hauswände aufklappen. Aber wie die Klowände reagieren, ist vom Boden aus nicht zu sehen.