Ich hab hundert Sachen gemachttun & lassen

Augustin Verkäuferin Antonia

Ich war vor rund zehn Jahren finanziell total am Boden und habe immer die Augustin-Verkäufer_innen irgendwo stehen gesehen. Da hab ich mir gedacht, vielleicht kann ich das auch machen. Ich hab mir einen Augustin gekauft und geschaut, wo die daheim sind, und bin hingegangen.

Foto: Lisa Bolyos

Das war im Februar 2004, damals war das Büro noch in der Schlossgasse, und am 7. April habe ich dann mein Einschulungsgespräch gehabt, ich habe meine ersten Zeitungen gekriegt und bin losgezuckelt damit. Nein, fixen Verkaufsplatz habe ich keinen. Ich gehe meistens in Lokale. Da habe ich schon meine Stammkund_innen. Die laden mich auf einen Kaffee ein, plaudern. Der Verkauf ist angenehm. Die meisten Leute sind wirklich nett, muss man sagen, die kommen einem entgegen. Ein paar Depperte gibt’s immer, aber die fallen nicht ins Gewicht.

Seit mehreren Jahren schreibe ich auch für den Augustin, genau kann jetzt nicht sagen, wann ich damit angefangen habe. Die Geschichten sind autobiografisch, ich erzähle aus meinem Leben, zum Teil im Dialekt, zum Teil auf Hochdeutsch.

Ich habe drei Kinder, und die Behörde hat sie mir gegen meinen Willen weggenommen. Nur meine Tochter konnte ich zurückholen, sie lebt bis heute bei mir, sie hat aufgrund ihrer traumatischen Kinderheim-Erlebnisse eine massive Sozialphobie entwickelt. Über meine sehr schlechten Erfahrungen mit dem Jugendamt schreibe ich gerade ein Buch. (Mehr dazu nachzulesen in Augustin Nr. 362.) Leider ist es sehr schwer, in Österreich einen Verlag zu finden, der sich über das Thema drübertraut.

Aufgewachsen bin ich in der Kastanienallee in Meidling. Meine Mutter war Alleinerzieherin und Alleinverdienerin, sie war Weißnäherin. Damit verdient man keine Häuser, deswegen waren wir arm. Wir waren drei Kinder, meine Großmutter war auch da – also fünf Leute musste sie praktisch allein durchbringen.

Meine Mutter war ein lieber, aber einfacher Mensch, und das Höchste in ihren Augen, was man als Frau beruflich erreichen konnte, war ein sogenanntes Bürofräulein. Und darum wollte sie, dass ich das auch mache. Das war genau nicht meins, aber weil sie es wollte, habe ich es halt gemacht. Mein Traumberuf wäre eigentlich Tierärztin gewesen, aber dazu haben wir das Geld nicht gehabt. Nach der Lehre habe ich nie wieder diesen Beruf ausgeübt. Ich hab hundert Sachen gemacht. Ich hab Eis verkauft, ich war Frisörin, ich war Tierpflegerin, Kellnerin war ich auch sehr lang, im Volksgarten unter anderem. Der witzigste Job war quasi als Einkäuferin in einer Firma. Meine Aufgabe war, dass ich für die Belegschaft die Jause hol. An einem Tag bin ich beim Greißler gestanden und habe ein totales Blackout gehabt und nicht mehr gewusst, wer was will. Heute kriegen alle Salzgurken, hab ich mir gedacht, mehr gibt’s heut nicht – das war mein letzter Tag dort. Solche Jobs habe ich halt gehabt. Ich habe eigentlich immer eine Arbeit gehabt, wo ich mit Leuten oder, was mir lieber war, mit Viechern zu tun hatte.

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