Lokalmatador
Philipp Eder ist Mitbegründer des Start-ups EDDI Bike, das Stadträder im Abo anbietet.
TEXT: UWE MAUCH
FOTO: MARIO LANG
Auf Jusef ist Verlass: Der junge Mann ist in der Werkstatt von «Jugend am Werk» für das Service der EDDI Bikes zuständig. «Er hat unsere Leihräder sehr gut im Griff», freut sich Philipp Eder. Eder ist einer von vier Freunden, die sich auf der Wirtschaftsuniversität kennen gelernt und gegen Ende ihres Studiums ein Erfolg versprechendes privates Unternehmen gegründet haben.
Oasch.
«Für uns ist das jedes Mal wie Weihnachten und Ostern, wenn wir unsere Räder zu Jugend am Werk liefern», erzählt Philipp Eder. Wie das? «Weil wir das Funkeln in den Augen von Jusef und seinen Kolleg_innen sehen. Weil sie sich im Rahmen ihres Beschäftigungsprogramms wieder beweisen können.»
EDDI Bike wurde nicht als Sozialunternehmen gegründet. Eder und Freunde verstehen sich in erster Linie als Öko-Plattform, die dazu beitragen möchte, dass mehr Menschen in Städten wie Wien auf das Rad umsteigen.
Ihren Kund_innen bieten sie an, schnörkellose Urbanbikes auf monatlicher oder längerfristiger Basis im (jederzeit kündbaren) Abo auszuleihen. Dadurch können sie ohne großes finanzielles Risiko herausfinden, ob sie das Radfahren in ihren Alltag integrieren können.
«Wichtig ist uns aber auch die soziale Verantwortung», betont Philipp Eder. Deshalb die längerfristig geplante Kooperation mit Jugend am Werk.
Auf die Idee für seine Firma ist er während seiner beiden Auslandssemester in Maastricht und Antwerpen gekommen. «In Maastricht habe ich mir für 70 Euro ein altes schepperndes Radl gekauft. Kurz vor meiner Abreise habe ich es dann gerade einmal für 20 Euro wieder angebracht.»
Herrlich, wie der junge Herr WU-Absolvent und Jungunternehmer dies mit einem original wienerischen «Oasch» quittiert. Der 27-jährige Wiener wurde in einem Flächenbezirk drüber der Donau, nahe des Heeresspitals sozialisiert. «Ich stehe zu meiner Herkunft.»
Oag.
Mit seinem Mountainbike hat Philipp Eder alle Seiten des nahe gelegenen Bisambergs erkundet und auch das Gymnasium in Strebersdorf immer gut erreicht. Eine Pechserie von mehreren Reifenpannen innerhalb von wenigen Tagen hat ihn dann dazu gebracht, eine für Wien neue Idee endgültig auf den Weg zu bringen.
Aus leidvoller eigener Erfahrung weiß er, dass EDDI Bike nicht nur für Ausprobierer_innen eine Option sein kann, sondern auch für Vielfahrer_innen mit wenig Zeit oder Geschick, das eigene Rad in Schuss zu halten.
«Dabei bin ich noch einer, der einen Patschen selbst picken kann», erklärt der Rad-Verleiher der etwas anderen Art. «Bei mir hat es dann aber oft mehrere Tage gedauert, bis ich endlich Zeit fand, mir die Hände schmutzig zu machen.»
Tatkräftig unterstützt haben ihn bei der Firmengründung seine Kollegen Stephan (ein Waldviertler), Yannick (ein Luxemburger) und Bastian (ein Brunn-am-Gebirgler).
Jenen, die den Erfolgslauf des Quartetts mitverfolgen, kommt flott ein «Oag» in den Sinn. Denn es ist schon arg, wie schnell sich die EDDIs im Stadtbild von Wien sichtbar etabliert haben: Nach nicht einmal einem Jahr Laufzeit sind bereits 500 dieser Leihräder auf der Straße. Und «Eddi» Eder sagt jetzt stolz: «In diesen Tagen starten wir in Graz.» 500 Bikes bedeuten übrigens auch, so der WU-Absolvent, dass seine Kundschaft weniger CO2 ausstößt und nebenbei weniger Parkraum für ihren fahrbaren Untersatz benötigt.
Oam.
Doch der Sohn einer Krankenschwester («aus Mürzzuschlag») und eines Monteurs («aus Linz») will sich nicht alleine mit solch ökologisch wie ökonomisch schönen Kennzahlen zufrieden geben: «Ich habe einen Traum.»
Deshalb engagiert sich Philipp Eder auch politisch, und das ausgerechnet in jener Partei, die die Stadt seit Jahrzehnten dominiert, derzeit aber nicht durch innovative Verkehrskonzepte auffällt.
Es können ihm auch nicht alle Genoss_innen in der Stammersdorfer Sektion folgen, wenn er ihnen von seiner Vision erzählt: «Stellt euch vor, die U6 fährt einmal bis zu uns an den Stadtrand, unterirdisch, die Brünner Straße wird ein Prachtboulevard mit Bäumen. Endlich gibt’s dann auch einen durchgehenden Radweg.»
Wird er damit in einem Parteiapparat, der bei Zukunftsthemen so beweglich erscheint wie ein Stahlrohr, Gehör finden?
«Oam», wie er zu arm sagt, ist er jedenfalls nicht, der «Eddi» auf seinem Bike: «Wir haben noch viel vor, wollen unsere Räder auch noch in einigen anderen Städten anbieten.»
In Kürze können die vier Gründer sieben Menschen einen Arbeitsplatz und ein reguläres Einkommen bieten. Darunter könnte auch Jusef von Jugend am Werk sein. Was wäre das für eine Geschichte!