Ich habe es gern ruhigtun & lassen

Augustin-Verkäuferin Angela

Ich bin seit rund fünf Jahren in Österreich. Die ersten drei Jahre verbrachte ich in Salzburg, und wenn ich alle nötigen Dokumente beisammen haben werde, möchte ich wieder zurück nach Salzburg gehen, weil ich diese Stadt liebe. Wien gefällt mir zwar auch, aber es ist mir doch ein bisschen zu laut hier, ich habe es gern ruhig. In Nigeria, wo ich herkomme, ist es gewöhnlich noch viel lauter, aber niemand würde dort wegen Lärmen auf der Straße oder wegen lauter Musik die Polizei rufen. Das ist ein großer Unterschied zwischen Österreich und Nigeria. Ich selber höre sowohl traditionelle Musik aus Afrika als auch US-Rock, aber niemals laut!
In Wien habe ich noch keine Freund_innen gefunden, und ich würde auch wieder gerne Fußball spielen – das ist meine große Leidenschaft. Und tanzen. Ich wollte professionelle Tänzerin werden, doch mir fehlte in Nigeria selbst das Geld für die Schule, ganz zu schweigen von der Tanz­ausbildung. Ich musste schon mit jungen Jahren Verantwortung übernehmen und bin daher als 15-Jährige nach Europa aufgebrochen. Vorher arbeitete ich auf der Farm meines Vaters und lernte kochen. Kochen ist das Erste und Wichtigste, was eine Frau in meiner Heimat zu erlernen hat. Wenn man gut kochen kann, hat man es später als Ehefrau leichter. Und ich liebe auch das Kochen. Ich habe schon für die PROSA-Schule (ein Schulprojekt in Floridsdorf für Geflüchtete und Migrant_innen, um ihnen eine formale Qualifikation zu ermöglichen), die ich jetzt besuche, aufgekocht, und zwar eine Mischung aus afrikanischer und österreichischer Küche.
Zum AUGUSTIN bin ich erst heuer gestoßen. Zuerst verkaufte ich die Zeitung in Stammersdorf, jetzt in Jedlesee. Nein, ich wohne nicht in Jedlesee, sondern im neunten Bezirk. Der Verkaufsplatz wurde mir im AUGUSTIN-Vertrieb verraten. Beim Zeitungverkaufen kann ich viele verschiedene Eindrücke gewinnen und sehr vielen Menschen begegnen, was ich auch nutze, um mein Deutsch zu verbessern.

PROTOKOLL: REINHOLD SCHACHNER
FOTO: NINA STRASSER