Ich kann nicht still seintun & lassen

Augustinverkäufer Yusuf

Ich bin als Nigerianer geboren, bin aber kein Nigerianer. Ich habe Nigeria 2013 verlassen. Ich bin über den Iran in die Türkei bis nach Österreich, nur mit dem Schiff und zu Fuß. Das hat drei Monate gedauert. Wenn ich dürfte, würde ich heute normal arbeiten, aber als Asylbewerber darf man das nicht. Ein Freund hat mir den AUGUSTIN vorgestellt. Und ich habe gesagt: Ich kann das, ich bin nicht scheu. Dann habe ich mich beim AUGUSTIN registriert und angefangen, in Ottakring zu verkaufen.
In Nigeria musst du dich mit allem selbst versorgen. Als Kind musste ich nach der Schule hart arbeiten. Ich wollte «Wirtschaft und internationale Beziehungen» studieren, aber es war zu schwierig, das Geld dafür aufzutreiben. Also habe ich selbst über das Internet über die Geschichte von Nigeria recherchiert. Denn wenn du nicht weißt, woher du kommst, weißt du nicht, wohin du gehst. Du musst deine Wurzeln kennen. Nigeria war nicht immer Nigeria, sondern wurde gewaltsam aus verschiedenen Regionen zusammengeführt. Wir sind komplett verschieden – die Kultur, die Sprache, alles ist unterschiedlich. Ich komme aus der westlichen Region und gehöre zum Volk der Yoruba. Wir wollen unabhängig sein, sodass wir Frieden haben können. Ich habe in Wien zwei Mal einen Protest für die Unabhängigkeit der Yoruba geleitet. Ich bin sehr leidenschaftlich dabei. Aber es braucht viel Zeit. Das ist nicht etwas, das einfach passiert. Aber ich liebe die Leute so sehr und kann nicht still sein. Deswegen setze ich mich jeden Tag dafür ein und teile Informationen in den Sozialen Medien. In Nigeria ist mein Leben in Gefahr, aber hier haben wir Meinungsfreiheit. Und das Wichtigste ist, dass ich das Privileg habe, zu Medien zu sprechen. Ich teile meine Erfahrungen und helfe Menschen, sich weiterzubilden. Ich bin jemand, der seine eigenen Rechte einfordert. Deswegen habe ich Selbstbewusstsein.
Wenn du in schlimmen Situationen bist, musst du dich selbst glücklich machen. Manchmal spiele ich mit den Kindern der Familie, bei der ich wohne, Fußball, fahre Fahrrad, spiele Playstation. Ich habe viele serbische Freunde, die einen Club oder eine Bar haben, und manchmal laden sie mich ein, dort zu singen. Wenn ich meine Dokumente bekomme, kann ich bei ihnen arbeiten. Ich möchte einen positiven Aufenthaltsstatus in Österreich und Freiheit für mein Volk. Wenn wir Freiheit haben, will ich zurück nach Hause. Aber ich werde Österreich niemals vergessen, denn es hat mir so viele Möglichkeiten gegeben, mich zu äußern. 

Protokoll: Sylvia Galosi
Foto: Mario Lang

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